Die Fußballer von Calcio Leinfelden-Echterdingen grämen sich beim 1:1 gegen den Tabellenzweiten Holzhausen über den späten Ausgleich. Dass ein Spieler einen ganz dicken Hals hat, hat jedoch einen anderen Grund.

Lokalsport : Franz Stettmer (frs)

Echterdingen - Der Rüffel durch den Co-Trainer half nichts. „Nino, Schluss!“, zischte Marijo Marinovic in Richtung seines Spielers. Doch der, mit richtigem und ganzem Namen Carmine Pescione, dachte gar nicht daran. Einmal in Rage, pfefferte er erst sein Leibchen auf den Boden. Dann mussten die Begrenzungshütchen am Spielfeldrand dran glauben. Sie flogen nach zwei wütenden Tritten durch die Luft.

 

Pesciones finale Stimmungslage passte ins Bild, auch wenn jene einen anderen Hintergrund hatte als bei seinen Teamkollegen. Während der Routinier sich ärgerte, dass er als Einwechselspieler nicht schon früher zum Zug gekommen war, war den Mitstreitern die Unzufriedenheit über das Ergebnis anzusehen. Zehn Minuten hatten gefehlt. Nur zehn Minuten. Der nächste Sieg, nach dem unlängst eindrucksvollen 2:0 in Ehingen erneut gegen eine der Spitzenmannschaften der Staffel, war bereits zum Greifen nah gewesen. Dann kam diese eine einzige Höhepunktszene des gegnerischen Topangreifers, und plötzlich stand es 1:1. Nur 1:1. „Da ist man für den Moment natürlich schon ein bisschen enttäuscht“, sagte Francesco Di Frisco, der Trainer der Verbandsliga-Fußballer von Calcio Leinfelden-Echterdingen.

Spielsystem und Personalpuzzle passen

Freilich, mit eher nüchternem als emotionalem Blick darf das Fazit vom Mittwochabend um einiges erfreulicher ausfallen. Das als verpasste Chance empfundene Resultat in der Nachholpartie gegen den Tabellenzweiten FC Holzhausen war das eine, die gezeigte Leistung etwas anderes. Letztere fasste Di Frisco in nur einem Wort zusammen: „Super.“ Allemal haben die Echterdinger ihren Aufwärtstrend fortgesetzt. Mehr und mehr zeichnet sich ab, dass sie bei der Wahl des Spielsystems und beim Personalpuzzle diesmal einen guten Riecher hatten.

Vorbei scheinen die Zeiten der mitunter vogelwilden Auftritte, in denen eine schlecht austarierte Calcio-Mannschaft sich selbst versenkte. Vorbei offenbar auch die Jahre, in denen der Verein kreuz und quer neue Kicker verpflichtete, bei denen aber rätselhaft blieb, wie daraus je ein Team werden soll. Aktuell verfügen die Echterdinger über eben dies: ein funktionierendes Team. Eine Formation, in der sich auf dem Rasen keiner für zusätzliche Meter zu schade ist. Dass dabei als Devise mittlerweile „Safety first“ gilt, geht zwar auf Kosten des Spektakels. Fünferabwehrkette, Offensivdrang nurmehr in kontrollierter Form. Doch hat der Filderclub auf diesem Weg die so lange vermisste Stabilität erlangt.

Schlüsselfiguren in der Abwehr

Gerade einmal sieben Gegentore hat Di Friscos Aufgebot in den bisherigen neun Saisonspielen zugelassen. In den beiden vorigen Jahren sind es zum gleichen Zeitpunkt jeweils 15 gewesen. Auch diesmal stand die Innenverteidigung mit dem Trio Muamer Adzem, Josip Pranjic und Lukas Zweigle als Wand. Eben Adzem und Pranjic sind zwei Schlüsselfiguren, die neu beziehungsweise wieder hinzugekommen sind – der eine, Ex-Profi und knapp Zwei-Meter-Schrank, als Zugewanderter aus Bosnien, der andere als Genesener nach einem Kreuzbandriss.

Mit Pranjic ist darüber hinaus eine andere Qualität zurück. Schon zuvor wusste man in der Liga: Wehe, der 33-Jährige tritt zu einem seiner Freistöße an – dann mussten und müssen bei Gegnern die Alarmlichter angehen. „Er hat da eine traumhafte Quote“, weiß Di Frisco. Die aktuelle Bestätigung: nach einem Foul an Diamant Avdiu zirkelte der Gelobte die Kugel an der Holzhausener Mauer vorbei zum 1:0 ins Netz (54.).

Es war eine nicht unverdiente Führung. Tormöglichkeiten hatten sich bis dahin zwar beide Kontrahenten nicht viele erspielt, Calcio hatte in der gleichwohl gutklassigen Partie aber das Geschehen kontrolliert und die Schlagzahl erhöht. Schon bei einem Lupfer von Marcel Bahm war den Echterdingern der Torschrei auf den Lippen gelegen.

Später Ausgleich des Toptorjägers

Zuletzt, als bei ihnen nach einer laufintensiven Vorstellung allmählich die Kräfte schwanden, war die Frage: Bringen die Gastgeber ihren knappen Vorsprung über die Zeit? Oder hat der Gegner noch einen Pfeil im Köcher? Er hatte. Nach einem Eckstoß war der Torjäger Janik Michel per Kopf zur Stelle – der späte Ausgleich (82.). Ansonsten war von dem ehemaligen Balinger Regionalliga-Kicker kaum etwas zu sehen. Aber so etwas zeichnet einen Führenden der Schützenliste wohl aus, in dem einen entscheidenden Moment dann doch da zu sein.

Der Vorjahresaufsteiger Holzhausen verhinderte somit seine erste Saisonniederlage, während Calcio bei immer noch zwei Spielen Rückstand als Zehnter in einem dichten Pulk von Mannschaften steckt. Die Kluft zwischen oberem Tabellendrittel und Abstiegszone beträgt gerade einmal drei Zähler.

Nun drei Auswärtsspiele in sieben Tagen

In welche Richtung es für Di Frisco und die Seinen gehen wird? In einer Woche weiß man vielleicht mehr. Es folgen nun drei Auswärtsspiele innerhalb von nur sieben Tagen: am morgigen Samstag in Berg, dann Türkspor Neu-Ulm, dann Rutesheim. Ein Aufgabenpaket, bei welchem der Coach der Belastung wegen „personell rotieren“ lassen will.

Inwieweit davon der Unzufriedenste vom Mittwoch profitiert, bleibt abzuwarten. Carmine „Nino“ Pescione rauschte schließlich vor allen anderen als Erster in die Kabine.

Calcio-Spieler des Spiels

Josip Pranjic
Hinten ein souveräner Abwehrchef, der mit seinen Nebenleuten das Zentrum dicht hielt. Vorne wieder einmal der Mann fürs Besondere. Der Freistoß des Routiniers zum Echterdinger 1:0 war sehenswert. Einziger Wermutstropfen, dass der Treffer am Ende nicht zum Sieg reichte. (Nominierungen: 3)

Calcio Leinfelden-Echterdingen: Berisha – Sirianni, Adzem, Pranjic, Zweigle, Gerber – Candan – Ribeiro (86. Pescione), Avdiu (88. Popescu), Bahm – Cardinale (78. Schick). FC Holzhausen: Fritz – Sieber (77. Enrico Huss), Marius Oberle, Schlecht, Brendle – Grathwol (60. Müller), Pantel (77. Julian Oberle) – Pfeifhofer, Schuon, Schoch (88. Bok) – Michel.