Lärmschutzbestimmungen können während der Fußball-Weltmeisterschaft wieder gelockert werden. Doch gibt es in Stuttgart ein Public Viewing?

Digital Desk: Michael Bosch (mbo)

Stuttgart - Ab dem 14. Juni herrscht wieder Ausnahmezustand: Dann beginnt die Fußball-Weltmeisterschaft in Russland – und an vielen Tagen wird dann auch in Deutschland bis spät in die Nacht auf den Straßen gefeiert werden. Und das ist auch erlaubt. Das Bundeskabinett hat eine Verordnung beschlossen, die es zulässt, dass Kommunen den nächtlichen Lärmschutz lockern. Normalerweise gilt: ab 22 Uhr ist Ruhe – Spiele, die später enden, dürften deshalb eigentlich nicht mehr im Freien übertragen werden. Doch „das gemeinschaftliche Fußballgucken unter freiem Himmel gehört zu Welt- und -Europameisterschaften inzwischen dazu. Bei einem solchen Anlass halte ich Ausnahmen für gerechtfertigt“, kommentierte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks den Beschluss.

 

Die Stuttgarter werden von der Möglichkeit auch nach 22 Uhr große Fanfeste zu feiern indes wenig haben. In der Stadt ist – wie schon bei den letzten Europa- und Weltmeisterschaften – kein Public Viewing geplant. Zu teuer sei eine solche Veranstaltung, der Aufwand zu groß, heißt es aus dem Rathaus.

Letztes Public Viewing in Stuttgart war 2008

Letztmals hatte die Stadt während der EM 2008 ein Public Viewing auf dem Schlossplatz organisiert. Die Übertragung von vier Spielen hatte 500 000 Euro gekostet. „Persönlich finde ich es sehr schade, dass in Stuttgart kein offizielles Public Viewing stattfindet“, sagt Armin Dellnitz, Geschäftsführer der Stuttgart-Marketing GmbH. Dabei sei das gemeinsame Fußballgucken „atmosphärisch durch nichts zu toppen. Aber das sage ich als Touristiker. Ich kann die Argumente schon nachvollziehen.“ Die Stuttgart-Marketing plant die Gastronomen, die die WM-Spiele live zeigen werden, nach Kräften zu unterstützen und auf deren Angebote aufmerksam zu machen. „Wir freuen uns über jeden, der das macht“, sagt Dellnitz.

Die meisten Wirte sind zwar froh, dass sie sich über nörgelnde Anwohner wohl keine Gedanken machen müssen, wenn sie einen Antrag auf eine Ausnahmeregelung stellen, doch für manche ist der Lärm nur ein Problem am Rande. „Wir haben auf der einen Seite Schienen und auf der anderen eine Straße“, sagt Sonja Merz vom Biergarten im Schlossgarten, der WM-Spiele zeigen wird. „Für uns war der Lärm noch nie ein Problem“, meint auch Thorsten Roth vom Palm Beach. „Aber wenn Bestimmungen gelockert werden, ist es umso besser.“

Beschwerden seien nicht das Problem

Beschwerden gebe es schon, meint Hermann Karpf, der persönliche Referent des Ordnungsbürgermeisters Martin Schairer. Das werde die Stadt aber nicht davon abhalten, Ausnahmegenehmigungen zu erteilen. „Wir werden Anträge wohlwollend prüfen und schauen, was möglich ist. Eben so, wie in der Vergangenheit auch“, sagt Karpf. Die Stadt bemühe sich, den Lärmschutz so gut es geht zu gewährleisten, aber in der Innenstadt sei es mit der Kessellage eben schwierig. Bei öffentlichen Veranstaltungen darf in Wohngebieten nach 22 Uhr der Geräuschpegel 40 dB(A) nicht überschreiten. Beim Public Viewing wird es oft deutlich lauter.

Sindelfingen stellt in Sachen Public Viewing im Raum Stuttgart eine Ausnahme dar. Auf dem Wettbachplatz wird, wie 2014 und 2016, wieder ein Public Viewing organisiert. „Das hat sich etabliert“, sagt Lutz Lemke, Amtsleiter des Ordnungsamts. Circa 150 000 Euro sind bei den beiden vorangegangenen Großturnieren an Kosten entstanden, von denen rund 70 000 Euro nicht durch Einnahmen gedeckt waren und von der Stadt übernommen wurden. Die Verwaltung hatte – ob des zu erwartenden Lärms – zwar darauf hingewiesen, dass wegen der Zeitverschiebung (höchstens drei Stunden) eher nicht mit Problemen zu rechnen sei, aber: Von den 64 Spielen werden 26 um 20 Uhr oder später angepfiffen, und auf dem Wettbachplatz werden alle Partien gezeigt.