Am Tag vor dem zweiten WM-Gruppenspiel gegen Spanien verweigert der Verband die vorgeschriebene Teilnahme eines Spielers an der Pressekonferenz in Doha. Der Bundestrainer glaubt weiter an seine Spielidee.

Sport: Marco Seliger (sem)

Am Samstagnachmittag gab es den nächsten Akt im Streit des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) und der Fifa. Es war nach dem Ärger um die verbotene One-Love-Kapitänsbinde das nächste Schauspiel im Schmierentheater des viermaligen Weltmeisters mit dem Weltverband, und der ging so: Kein deutscher Nationalspieler hatte den Bundestrainer Hansi Flick aus dem DFB-Quartier am nördlichsten Zipfel Katars zur Pressekonferenz in die Hauptstadt Doha begleitet – was vor dem Spiel gegen Spanien (Sonntag, 20 Uhr/ZDF) einen Verstoß gegen die Fifa-Regularien am Tag vor einer WM-Partie darstellte.

 

Zum Hintergrund: Besagte Fifa schreibt einen Tag vor einem Spiel sowohl die Örtlichkeit für die Pressekonferenz – also das große Medienzentrum in Doha – als auch die Teilnahme eines Spielers vor, der neben dem jeweiligen Trainer erscheinen muss.

„Wir wollen einfach keinem Spieler zumuten, hier so lange zu fahren“, sagte Flick dazu auf dem Podium in Doha. Und weiter: „Es sind insgesamt fast drei Stunden, die man im Auto sitzt. Wir haben gegen Spanien ein ganz wichtiges Spiel für uns. Und ich habe gesagt, ich mache es alleine, weil die Spieler – von Nummer 1 bis 26 – alle wichtig sind. Sie sollen sich in der wichtigen Phase auf das Training vorbereiten.“

DFB wusste schon früh, was auf ihn zukommt

Der Weg aus dem knapp 100 Kilometer nördlich gelegenen Teamquartier also war dem DFB zu weit. Dazu muss man wissen, dass der deutsche Verband der einzige ist, der ein Quartier weitab der WM-Metropole Doha ausgewählt hat und es schon vorher wusste, dass er den Bundestrainer und einen Spieler am Tag vor einer Partie laut den Regularen in die Hauptstadt schicken muss. Flick und der DFB also leisteten sich ein Foul. Genauer gesagt verstieß der Verband am Samstag gegen Artikel 44 der Turnierordnung – weshalb nun eine Geldstrafe droht.

Aufgrund der Entfernung des abgelegenen Teamquartiers im Norden hatte der DFB seine Pressekonferenz vor der Partie gegen Spanien auf dem eigenen Trainingsgelände in Al-Shamal abhalten wollen. Dieser offiziell vorgetragene Vorstoß fand bei der Fifa allerdings kein Gehör. „Wir sind schon enttäuscht, weil wir denken, wir haben ein richtig gutes Medienzentrum. Man hätte es auch gut dort machen können. Nur, es ist halt so. Wir müssen das akzeptieren, wie so vieles“, sagte Flick am Samstag spitz. Für Samstagabend hatte er im Trainingsstadion in Al-Shamal die finale Übungseinheit angesetzt.

Weiteres WM-Desaster droht

Denn um den Fußball geht es ja auch noch – und es geht um verdammt viel an diesem Sonntag im zweiten Gruppenspiel gegen Spanien. Eine weitere Niederlage würde für die DFB-Elf das nächste historische WM-Desaster nach 2018 bedeuten, sofern Japan zuvor gegen Costa Rica punktet. Doch Flick glaubt vor seiner größten Bewährungsprobe eher an die Wende als an ein Ende: „Ich bin von unserer Idee überzeugt“, sagte er: „Wir gehen das Spiel mit Mut und Glaube an unsere Qualität an.“

Flick aber könnte eine unruhige Nacht im luxuriösen Zulal Wellness Resort bevorstehen. Er sei zwar mit Blick auf die Aufstellung „nicht unsicher“, betonte der 57-Jährige, noch seien allerdings „mehrere Positionen ein bisschen offen“. Eine endgültige Entscheidung will er erst am Sonntag treffen: „Da schlafe ich nochmal eine Nacht drüber.“

Erschreckende Bilanz gegen Spanien

Das zweite WM-Aus in der Gruppenphase nacheinander würde ein mittleres fußballerische Erdbeben auslösen. „Wir stehen extrem unter Druck“, sagte der Mittelfeldmann Ilkay Gündogan. „Die K.-o.-Runde hat für uns schon früher begonnen“, ergänzte Offensivakteur Thomas Müller.

Dabei ist der Gegner Spanien für die DFB-Elf ja längst zu einer Art Angstgegner geworden geworden. Der bisher letzte Pflichtspielsieg gegen Spanien gelang vor 34 Jahren, das demütigende 0:6 in der Nations League im November 2020 hätte Joachim Löw beinahe den Job gekostet.

Daran verschwendete dessen Nachfolger Flick am Samstag aber keinen Gedanken. Für ihn ist die Chance größer als das Risiko. „Die Vergangenheit blende ich aus. Ich bin von dem überzeugt, was wir machen“, sagte der Bundestrainer und versprach: „Wir werden gegen Spanien eine Mannschaft sehen, die weiß, um was es geht.“