Aus und vorbei - nach einem 1:1 gegen die Elfenbeinküste ist das deutsche Team bei den Olympischen Spielen schon in der Vorrunde gescheitert. Trainer Stefan Kuntz redete anschließend Klartext.

Rifu - Stefan Kuntz war nach dem bitteren Olympia-K.o. der deutschen Fußballer restlos bedient und redete sich in Rage. Der DFB-Coach schimpfte über die strikten Restriktionen der japanischen Gastgeber, den Schiedsrichter und ließ nebenbei auch seine Zukunft als Chef der U21-Auswahl offen. „Wir waren kaserniert, eingesperrt, durften nicht auf die Straße gehen. Wir durften nur nach langem Hin und Her einen Balkon mal öffnen lassen. Da muss ich sagen: Da hätte ich gern mehr olympisches Flair gehabt“, monierte Kuntz nach dem 1:1 gegen die Elfenbeinküste am Mittwoch, wodurch das DFB-Team als Gruppendritter das Viertelfinale verpasst hatte.

 

52 Tage nach dem Triumph bei der U21-EM erlebte Fußball-Deutschland einen ganz anderen Stefan Kuntz. Keine Ausgelassenheit, keine Euphorie, die Lippen zusammengepresst, innerlich aufgewühlt. Die Olympia-Mission hatte den Coach schwer zugesetzt. „Wir haben die Menschen hier sehr freundlich kennengelernt. Ansonsten war von dem olympischen Gefühl aus meiner Sicht überhaupt nichts vorhanden, außer bei den zwei Besuchen im Olympischen Dorf“, so Kuntz und merkte an, dass dies seine persönliche Meinung gewesen sei. „Das hat jetzt nichts damit zu tun, dass wir Fußballer sind oder Fußballer gerne eine Sonderstellung gehabt hätten.“

Kuntz kritisiert auch Schiedsrichter

Die japanischen Gastgeber haben wegen der Corona-Pandemie bei den Olympischen Spielen konsequente Regeln aufgestellt. Zuschauer sind bis auf wenige Ausnahmen nicht erlaubt, dazu gibt es für alle Beteiligten an dem Event viele Corona-Tests und wenige Freiheiten.

Einmal in Fahrt gekommen, bekam auch der Schiedsrichter Leodan Gonzalez aus Uruguay von Kuntz eine Breitseite ab. „Im Sinne des Fußballs wäre es auch gut, wenn man dafür sorgt, dass das Spiel schneller fortgesetzt wird“, sagte Kuntz. Andere Zuschauer, die mit der deutschen Mannschaft nichts zu tun gehabt hätten, seien bestimmt eingeschlafen. „Das Zeitspiel war schon ausgeprägt.“

Verkorkstes Turnier

Bei dem ganzen Ärger - Verletzungen und Rote Karten waren während des Turniers bei einem Mini-Aufgebot hinzugekommen - wollte Kuntz auch gar nicht auf seine Zukunft als U21-Coach eingehen. „Wenn ich jetzt nach dem Spiel sofort was zu meiner Zukunft sagen könnte, wäre ich nicht bei dem Spiel gewesen“, betonte der 58-Jährige. Er mache sich Gedanken, wenn er ausgeruhter ist. Seine Spieler würden es jedenfalls bedauern. „Falls es das letzte Spiel von Stefan Kuntz war, ist es bitter. Er hat uns zu einer Einheit geformt“, sagte Jordan Torunarigha.

Trainer wie Spieler beschworen den Zusammenhalt. Doch es sollte nicht reichen - trotz guter Chancen. Am Ende blieb Platz drei in Gruppe D, nachdem Deutschland vor fünf Jahren bei den Sommerspielen in Rio noch Silber geholt hatte. „Ich bin im Nachhinein stolz auf die 18 Spieler, die sich zu Olympia bekannt haben“, lobte Kuntz seine Schützlinge, die „Mentalität, Einstellung und Mut“ gezeigt hätten.

Fans im Stadion

Fehlende Leidenschaft war dem Team auch gegen die Ivorer nicht vorzuwerfen. Ein Eigentor von Benjamin Henrichs (67.) hatte die DFB-Auswahl vor rund 6000 Zuschauer ins Hintertreffen gebracht, doch Eduard Löwen brachte mit einem sehenswerten Freistoß den Europameister zurück ins Spiel (73.). Doch der Siegtreffer wollte nicht mehr fallen. „Die Enttäuschung ist riesengroß. So richtig waren wir nie im Turnier drin. Wir fahren natürlich mit einem sehr weinenden Auge nach Hause“, sagte Maximilian Arnold.

Die japanischen Fans riss das Spiel kaum von den Rängen. Das Publikum - anders als im Raum Tokio sind in der Präfektur Miyagi bis zu 10 000 Fans zugelassen - hielt sich an die Anweisungen der Organisatoren und verzichtete auf Gesänge oder Rufe. Immerhin gab es einen freundlichen Empfang für den Europameister. „Wir lieben Deutschland“ war auf Plakaten zu lesen.

So sprach Max Kruse von einem „tollen, aber viel zu kurzen Erlebnis“ bei Olympia. Für ihn hatte die Japan-Reise immerhin einen Erfolg gebracht, der Heiratsantrag an seine Freundin via TV nach dem Saudi-Arabien-Spiel wurde angenommen. Es sollte eine der wenigen Erfolgsmeldungen bleiben.