Vom Kreisliga- zum Bundesligatrainer: auf dem Schurwald ist man mächtig stolz auf Domenico Tedesco. Seine Weggefährten vom ASV Aichwald erinnern sich gerne an den 31-Jährigen und die gemeinsame Zeit auf und neben dem Spielfeld.

Aichwald - Es ist eher unwahrscheinlich, dass es in Gelsenkirchen bisher viele Menschen gegeben hat, die die Gemeinde Aichwald kennen. Freilich wird auch die Zahl jener Aichwalder überschaubar sein, die etwas mit der Stadt im Ruhrgebiet anfangen können. Dann schon eher mit dem Ortsteil Schalke, dem Namensgeber jenes Fußballvereins, der in der Bundesliga vor allem abseits des Spielfelds mit den größten Unterhaltungswert besitzt. Dass es mit Domenico Tedesco nun ausgerechnet ein aus Aichwald stammender Trainer ist, der den Club von der kommenden Saison an sportlich auf Vordermann bringen soll, hat auf dem Schurwald Begeisterung ausgelöst. Und manch einer in der Kommune hat den FC Schalke 04 hinter dem VfB Stuttgart zu seinem zweitliebsten Fußballclub erkoren.

 

Zumindest in der Bundesliga. Denn über allen Vereinen dieser Welt schwebt natürlich der ASV Aichwald, der in der Fußball-Kreisliga A auf Tore- und Punktejagd geht. Es ist der Heimatverein von Domenico Tedesco. Dort hat er von der E-Jugend bis zu den Aktiven gekickt. Und dort hat er seine ersten Erfahrungen als Trainer gesammelt. Zunächst im Jugendbereich, dann neben seinem Studium des Wirtschaftsingeneurswesens als Coach der zweiten Mannschaft, die in der Kreisliga B gegen den Ball tritt. Manuel Oetinger, der Spielleiter der ersten Mannschaft, denkt gerne zurück an die Übungseinheiten mit dem Trainer Domenico Tedesco, von dem damals noch keiner wissen konnte, in welchen Sphären er einmal Fußballer auf Trab bringen würde.

Viel geschwätzt, ohne ein Schwätzer zu sein

Die anfängliche Skepsis, von einem 25-Jährigen trainiert zu werden, sei schnell gewichen, erinnert sich Oetinger. Er habe „viel mit den Leuten geschwätzt“ – allerdings ohne ein Schwätzer zu sein. Denn seine Anweisungen seien zielgerichtet, von Sachverstand geprägt und sehr motivierend gewesen. Und zudem sei er ein guter Fußballer, „der konnte uns am Ball schon was zeigen“.

Obwohl der junge Mann nicht unbedingt hochgradig talentierte Kicker in der sogenannten Nichtabstiegsliga angeleitet hat, sei schnell klar gewesen, dass er „ein ehrgeiziger, stets sympathischer und kommunikativer Typ ist“, sagt Manuel Oetinger. Den zudem nichts so schnell aus der Fassung bringe. „Der lässt sich auch vom Umfeld auf Schalke nicht aus der Ruhe bringen.“ Und was bei Kickern grundsätzlich gut ankommt: er habe spielerische Trainingseinheiten mit dem Ball bevorzugt, ein Konditionsbolzer im Stil von Felix Magath sei er nicht gewesen, der Dome, wie ihn Weggefährten aus Aichwalder Zeiten nennen. Aber er und auch seine Spieler hätten schnell gemerkt, dass für ihn als Trainer weit mehr drin ist als die unterste Liga. Er habe sich via Blindbewerbung als Jugendcoach beim VfB Stuttgart angeboten und wurde genommen – der weitere Karriereweg kannte nur noch eine Richtung: steil nach oben.

Stephan Baisch ist der Leiter der Fußballabteilung im ASV Aichwald. Er ist ein Mann, der den Begriff „sensationell“ nicht leichtfertig in den Mund nimmt. Aber um die Trainerkarriere von Domenico Tedesco zu beschreiben, kommt er nicht umhin, auf dieses Attribut zurückzugreifen. Denn in gerade einmal sechs Jahren – von 2011 bis 2017 – habe es der heute 31-Jährige geschafft, vom Trainer der Kreisliga B bis in die Bundesliga aufzusteigen. Abgehoben sei er indes nicht, er behandle alle im Verein mit dem gleich großen Respekt – vom Platzwart bis zum Präsidenten. Und er wisse wo er herkommt, „wo seine fußballerischen Wurzeln sind“, sagt Stephan Baisch. Das mag man ihm gerne glauben, denn bei seiner Antrittspressekonferenz auf Schalke hat Domenico Tedesco seinen Heimatort in den höchsten Tönen gelobt. Er habe „eine großartige Beziehung zu dem Dorf Aichwald“. Dort lebten nach wie vor seine Eltern, viele Freunde und Bekannte und „viele nette Leute“.

Ein Aichwalder soll Schalke in den Griff kriegen

Das klang freilich wie Musik in den Ohren des Bürgermeisters Nicolas Fink. Die Gemeinde sei stolz, dass einer der ihren nun auf der ganz großen Bühne des Fußballs mitmischt. Scherzhaft auf die Überschneidungen der Berufsbilder Trainer und Bürgermeister angesprochen, ist Nicolas Fink zwar überzeugt, dass sein Platz im Chefsessel des Rathauses sicherer sei als jener auf der Schalker Trainerbank. Aber alle in Aichwald trauten dem 31-Jährigen die Aufgabe zu. „Wenn einer Schalke 04 in den Griff bekommt, dann ein Aichwalder“, ist Fink überzeugt. Er wünsche Tedesco den größtmöglichen Erfolg. „Außer in den beiden Spielen gegen den VfB“, schränkt Fink lachend ein. Der Revierclub ist eben auch ihm seit neuestem der zweitliebste Verein.