Bundesliga-Trainer sind auch nur Menschen - und dürfen sich an der Seitenlinie über Schiedsrichter-Entscheidungen aufregen. Natürlich ohne dabei beleidigend zu werden, das hat das DFB-Sportgericht jetzt entschieden.

Bundesliga-Trainer sind auch nur Menschen - und dürfen sich an der Seitenlinie über Schiedsrichter-Entscheidungen aufregen. Natürlich ohne dabei beleidigend zu werden, das hat das DFB-Sportgericht jetzt entschieden.

 

Frankfurt/Main - Torsten Lieberknecht von Eintracht Braunschweig hat vor dem DFB-Sportgericht einen Freispruch erkämpft - auch im Namen seiner Trainerkollegen in der Bundesliga. Der Chefcoach von Eintracht Braunschweig muss keine Geldstrafe dafür bezahlen, dass er gegen eine Schiedsrichter-Entscheidung protestiert hatte und auf die Tribüne verwiesen worden war. „Trainer müssen sich nicht wie Ölgötzen 90 Minuten während eines Fußballspiels verhalten“, sagte der Vorsitzende Richter Hans E. Lorenz am Montag nach der dreistündigen mündlichen Verhandlung in Frankfurt/Main und räumte ein: „Das ist schon ein Fall von grundsätzlicher Bedeutung.“

Der DFB-Kontrollausschussvorsitzende Anton Nachreiner hatte für Lieberknecht wegen „ungebührlichen Verhaltens“ gegenüber Referee Guido Winkmann in der Partie bei Bayer Leverkusen (1:1) vom 29. März eine Geldstrafe von 4000 Euro gefordert.

Braunschweig-Coach konnte keine Beleidigung nachgewiesen werden

Lieberknecht konnte zwar ein heftiger Protest gegen den Unparteiischen aus Kerken nachgewiesen werden, aber keine Beleidigung. „Gewisse Freiräume müssen bleiben für Emotionalität, Leidenschaft und freie Meinungsäußerung“, erklärte Lorenz und meinte: „Es könnte schon den einen oder anderen dramatischeren Fall gegeben haben.“

In der Verhandlung kam heraus, dass Winkmann ausschließlich auf Geheiß des Vierten Offiziellen Detlef Scheppen (Wenden) gehandelt hatte. Nach der Beschreibung von Nachreiner habe Lieberknecht „zweimal wütend mit den Füßen fast wie Rumpelstilzchen gestampft.“

Die Bezeichnung Rumpelstilzchen wollte Lieberknecht in der Verhandlung wiederum nicht auf sich sitzen lassen. Zum Urteil äußerte er sich später nicht. Sein Anwalt Martin Stopper geht ebenso wie Lorenz davon aus, dass der Kontrollausschuss vor das DFB-Bundesgericht ziehen wird. Lorenz betonte explizit, dass das Sportgericht auch künftig Schiedsrichter vor Attacken schützen werde.

Der Braunschweiger Trainer war in dieser Saison bereits dreimal auf die Tribüne geschickt worden. Zuvor war einmal ein Verfahren gegen ihn eingestellt worden, einmal musste er eine Geldstrafe in Höhe von 3000 Euro bezahlen.

Lieberknecht war in Leverkusen in der 62. Minute von Winkmann auf die Tribüne geschickt worden - und zwar auf einen entsprechenden Hinweis des Vierten Offiziellen Scheppe. Dies schilderte der Referee als Zeuge vor Gericht. „Bist du sicher: Der muss raus?“, habe er Scheppe gefragt. „Er sagte mir: Der ist voll... ausgerastet oder so. Das genaue Wort kann ich nicht mehr sagen.“

Lieberknecht selbst räumte ein, er habe sich aufgeregt, dass erneut eine Kontersituation für seine Mannschaft abgepfiffen worden sei. „Ich habe - wie ich finde - eine normale Reaktion gezeigt, ich habe niemanden beleidigt“, betonte der Chefcoach des Tabellenletzten jedoch. Er habe „Das war keine Foul!“ gerufen und auf die Bank geschlagen.

Scheppe wurde vor Gericht telefonisch befragt, da er sich im Ausland befindet. Lieberknechts Reaktion habe zu einer Situation geführt, „die mir keinen anderen Handlungsspielraum mehr ließ“, erklärte er. Der Trainer sei an der äußeren Kante der Coachingzone wild gestikulierend in seine Richtung auf- und abgesprungen. Den Wortlaut von Lieberknechts Äußerungen konnte der Vierte Offizielle aber nicht wiedergeben.

Lieberknecht hatte gleich nach dem Spiel in Leverkusen seine kategorische Meinung zu einer möglichen Bestrafung kundgetan. „Wenn ich eine Strafe bekomme, dann entscheide ich, wohin ich die bezahle. Aber der DFB bekommt die nicht.“