Wehe, sie erwischen einen Passanten, der beim Überqueren der Straße ins Smartphone schaut. Eine neue Verordnung erlaubt in diesem Fall der Polizei in Hawaiis Hauptstadt, einen Strafzettel zu verteilen. Das Beispiel könnte Schule machen.

Honolulu - Honolulu, das klingt exotisch nach Meeresrauschen und dem Rascheln von Palmblättern. Die allerwenigsten Mitteleuropäer verbinden mit der Hauptstadt des US-Bundesstaates Hawaii die Probleme einer modernen Großstadt. Die Realität von Honolulu ist wenig paradiesisch. Die Stadt, deren Großraum rund eine Million Menschen beheimatet, hat in unmittelbarer Nähe seiner Traumstrände Verkehrs- und Verschmutzungsprobleme, Armut und Obdachlosigkeit. Wie die meisten Orte der industrialisierten Welt kämpft man auch mit den Folgen der modernen Telekommunikation.

 

Telefonieren bleibt erlaubt

In Honolulu laufen ebenso wie in Hongkong, Berlin und New York die Passanten über die Straße, ohne von ihren Smartphones aufzuschauen. Dabei übersehen sie Mitmenschen, rote Ampeln, Auto-, Motorrad- und Fahrradfahrer. Und wie überall führt dies immer häufiger zu Unfällen. Dem Bürgermeister von Honolulu, Kirk Caldwell, ist das nun zu viel geworden. Deshalb hat er eine Verordnung erlassen, die es verbietet, bei Überquerung einer Straße aufs Handy oder Tablet zu schauen.

„Es gibt die Dinge, von denen man sich wünscht, der gesunde Menschenverstand regele sie von alleine“, sagt der Bürgermeister. „Doch leider muss man oft trotzdem mit dem Arm des Gesetzes nachhelfen.“ Als Strafe müssen Ersttäter mit einem Bußgeld von bis zu 35 Dollar (30 Euro) rechnen, bei einer Wiederholungstat mit 75 Dollar und beim dritten Mal mit 99 Dollar. Zum Sprechen darf das Telefon jedoch weiterhin auf der Straße genutzt werden und auf dem Bürgersteig darf weiterhin getwittert, getextet und gechattet werden.

Die Zahl verunglückter Fußgänger ist rasant gestiegen

Honolulu reagiert mit der Regulierung auf eine Studie der Vereinigung der US-Gouverneure. Laut der Studie ist die Anzahl der Todesfälle und schweren Verletzungen von Fußgängern in den vergangenen drei Jahren drastisch gestiegen. Im Jahr 2016 starben 6000 Fußgänger im US-Straßenverkehr, 22 Prozent mehr als 2014. Der rasante Anstieg, sagen die Experten, lasse sich nur mit dem erhöhten Gebrauch von elektronischen Geräten erklären.

So stieg die Zahl der Krankenhausbesuche, die mit dem Gebrauch von Mikroelektronik zu tun haben, in den USA zwischen 2010 und 2014 um 124 Prozent. Laut dem „Wall Street Journal“ sind diese Geräte für zehn Prozent aller Verletzungen von Fußgängern sowie etwa einem Dutzend Todesfällen pro Jahr verantwortlich.

Unklar bleibt, ob die Polizei dafür gerüstet ist

Das Problem ist freilich nicht auf die USA beschränkt. Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass Fußgänger, die durch ihr elektronisches Gerät abgelenkt sind, ein viermal höheres Risiko eingehen als Menschen, die aufpassen, wohin sie laufen. Eine Untersuchung in sechs europäischen Städten zeigt, dass 17 Prozent der Fußgänger beim Überqueren der Straße in irgendeiner Form ihr Mobilgerät nutzen. Nun muss sich zeigen, ob das Beispiel von Honolulu zumindest in den USA Schule macht.

Vor Honolulu hatte Fort Lee in New Jersey bereits ein ähnliches Gesetz eingeführt, San Mateo in Kalifornien und Stamford in Connecticut denken ebenfalls über eine Regelung nach. Honolulu ist jedoch die erste Großstadt, die gegen die Ablenkung beim Laufen einschreitet. Unklar bleibt, ob die Polizei dafür gerüstet ist, das Gesetz durchzusetzen. Nur wenn die Einnahmen den Aufwand ausgleichen, dürfte das Beispiel auch Schule machen. Bis dahin konzentrieren sich andere Städte vermutlich auf größere Risiken für die Volksgesundheit.