In den Bezirken auf der Filderebene gibt es zahlreiche besondere Gärten. Unsere Redaktion hat einige besucht. Wolfram Rieder aus Stuttgart-Plieningen konnte sich erst nach langer Wartezeit seinen Traum erfüllen.

Plieningen - Auf der abschüssigen Wiese in Plieningen blüht und grünt es. Das war nicht immer so. Als Wolfram Rieder den Garten vor einem Jahr das erste Mal sah, war die Fläche zugewuchert mit Brombeersträuchern. Von denen ist inzwischen nichts mehr zu sehen. Rieder erzählt, wie er die Fläche mit Grassamen zugeschüttet habe. Dadurch kann er jetzt seiner liebsten Gartentätigkeit nachgehen: Rasenmähen. „Das ist für mich wie Meditation“, sagt er.

 

Auf das Stückchen Erde musste die Familie Rieder sieben Jahre warten. So lange stand sie auf der Warteliste der Stadt. Diese verpachtet rund 4500 Gartengrundstücke, etwa 1600 Stuttgarter warten derzeit. Die Stadt gibt eine Wartezeit von etwa acht Jahren an. Das Interesse muss jedes Jahr aufs Neue per E-Mail bekundet werden – sonst wird man von der Liste gestrichen.

Der Garten direkt vor der Haustür ist ein Glückstreffer

Aufgrund der langen Wartezeit hat Wolfram Rieder versucht, auf anderen Wegen einen Garten zu finden, zum Beispiel über die Plattform Ebay-Kleinanzeigen. Doch auch dort gab es Enttäuschungen. „Es hat sich herausgestellt, dass die Anbieter nur wen zum Mähen suchten und den Garten eigentlich selbst für zwei Partys im Jahr nutzen wollen“, sagt Rieder. Um einen passenden Garten zu finden, müsse man Glück haben, sagt er.

Ein weiteres Problem sei, dass die Grünflächen der Stadt in ganz Stuttgart verteilt liegen. „Es kann sein, man landet zum Beispiel in Feuerbach“, sagt der Plieninger. Gerade deshalb sei der Garten direkt vor der Haustür ein Glückstreffer gewesen.

Seitdem die Familie im vergangenen Jahr den Pachtvertrag unterschrieben hat, hat sich einiges im Garten verändert. Die Brombeerbüsche sind dem Gras gewichen, außerdem hat Rieder eine Terrasse gebaut, eine Feuerstelle errichtet und die Hütte abgedichtet. Im vergangenen Sommer hat er so viel im Garten gewerkelt, dass er sich einen Tennisarm holte. „Wir sind ja keine professionellen Gärtner, sondern Laien.“

Die Kinder fischen, bauen und schnitzen

Mittlerweile ist die Bank am Feuer einer seiner Lieblingsorte im Garten. Wenn die Sonne untergeht, setzt er sich dort hin, trinkt ein Glas Rosé und lässt die Gedanken schweifen. Manchmal holt der Musikschullehrer auch seine Gitarre raus und singt mit seinen Kindern Lieder am Lagerfeuer.

Bepflanzte Wanne Foto: Eileen Breuer

Diese stöhnen oft erst mal auf, wenn er mit ihnen in den Garten will. „Wenn sie dann aber dort sind, gibt es so viel zu entdecken“, sagt er. Rieder hat alte Gipswannen in die Erde gebuddelt und zu einem kleinen Teich gestaltet. In diesem fischen seine beiden Söhne dann mit dem Kescher. „Im Garten fangen die Kinder an, sich selbst zu beschäftigen: Sie fischen, bauen und schnitzen Stöcke, um daran Würstchen zu grillen“, sagt der Hobbygärtner.

Seitdem Rieder selbst einen Garten hat, fällt ihm auf, dass manche Gärten verlassen aussehen. Er versteht es, wenn manche Menschen, die schon lange auf einen Garten warten, sich darüber beschweren. Aber auch die andere Seite könne er nachvollziehen, also wenn Leute länger an ihrem Grundstück festhalten, als sie müssten: „Man kennt ja die Gründe dafür nicht.“ Den Garten abzugeben, kommt für die Familie erst einmal nicht infrage. Zwar gebe es an ihrem Wohnhaus einen kleinen Innenhof, in dem die Kinder manchmal Fußball spielten. Aber der Garten bedeutet für Rieder Entspannung. „Wenn man über den Zaun schaut, könnte man meinen, man ist im Allgäu“, sagt er. Tatsächlich entdeckt man bei scharfem Hinsehen hinter all den Bäumen und Wiesen versteckt einen Zipfel der Messe und des Flughafens.