Der Ortsverband des Verkehrsclub Deutschland (VCD) hat eine Idee für die erste Teilstrecke der Gäubahntrasse entwickelt. An ihr sollen neue Haltepunkte für Pendler entstehen. Die so genannte Panoramabahn hat aber auch Nachteile.

Stuttgart - Bisher ist es Harald Becks persönlicher Traum: In der Nähe zu seinem Wohnhaus soll es eines Tages eine Bahnhaltestelle geben. Bisher muss Beck von der Lenzhalde in die Innenstadt laufen, um die S-Bahn zu seinem Arbeitgeber in Böblingen zu erreichen. Bequemer wäre es für ihn natürlich, wenn er sich den Fußmarsch sparen könnte.

 

Doch dies allein bewegt das Mitglied des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) nicht, sich für eine neue Idee stark zu machen, die gar nicht so neu erscheint. Das erste Teilstück der Gäubahn soll wieder auf der alten Trasse in Betrieb gehen. Einst wurden Haltestellen wie Westbahnhof, Wildpark und Heslach von Zügen bedient. Seit 1985 hält der Regionalexpress, der auf der Trasse Richtung Singen unterwegs ist, aber nur noch am Stuttgarter Hauptbahnhof.

Geht es nach den Plänen des VCD, sollen auf der vorhandenen Bahnstrecke wieder die Waggons Richtung Vaihingen rollen. Damit werde ein wichtiger Beitrag geleistet, die S-Bahn zu entlasten, sagt Beck. „Gerade auf der Strecke vom Hauptbahnhof zur Schwabstraße herrscht arger Andrang“, sagt Beck.

Fahrt über die Gäubahn dauert länger als durch den Tunnel

Dem Geschubse und Gedränge soll abgeholfen werden mit einem Verkehrskonzept, das sich mit städtischen und nationalen Sparzielen für das Treibhausgas Kohlendioxid verträgt. Sprich: es bedarf einer weiteren Bahn in Stuttgart, um mehr Autoverkehr und damit eine weitere Belastung für das Klima zu vermeiden.

Den künftigen Nutzern einer solchen Bahn versprechen die Planer aber nicht nur Vorteile. Zwar sprechen sie von einer Panoramabahn, die etwa das Pendeln zum Arbeitsplatz aufgrund der Fahrt über Heslach durch den Dachswald nach Vaihingen mit einem schönen Ausblick versüße. Sie sind aber auch so ehrlich zu sagen, dass die Panoramabahn sieben Minuten länger benötigen wird als die S-Bahn, die Vaihingen durch einen Tunnel erreicht. „Für die Pendler ergeben sich mit der Panoramabahn aber viele interessante Umsteigemöglichkeiten“, sagt Beck.

Lösung würde rund 14 Millionen Euro kosten

Um die geplanten Strecke zu verwirklichen, bedarf es natürlich auch Investitionen, und die sind nicht ganz billig. Zwar müsse keine eigene Bahnstrecke mehr gebaut werden. Dennoch braucht es Bahnsteige und Zugänge an den neun Haltestellen zwischen Vaihingen und dem Stuttgarter Hauptbahnhof. Insgesamt rechnet der VCD mit Kosten von 14 Millionen Euro für Bauarbeiten auf 38 Hektar Land. Eine sparsamere Variante hat der VCD gleichfalls durchgerechnet. Sie sieht einen Ausbau der Panoramabahn in zwei Stufen vor. „In der Stufe A werden nur vier Haltestellen an der Lenzhalde, dem Herderplatz, dem Wildpark und am Dachswald gebaut“, sagt das VCD-Mitglied Harald Beck.

Er erklärt auch, warum neue oder wiederbelebte Haltestellen ein Gewinn für die Stadt seien. Für alle Stationen auf der Strecke hat der VCD den Bedarf analysiert. Tausende Menschen leben jeweils im unmittelbaren Umfeld der geplanten Haltestellen. Einige könnten aufgrund der Entwicklung bald sogar in wichtigen Zentren Stuttgarts liegen. So etwa die Gegend um die Wagenhallen. „Da ist ja so etwas wie ein Viertel für Künstler geplant“, sagt Beck. Auch eine Haltestelle am Wildpark empfehle sich für Erholungsbedürftige aus anderen Teilen der Stadt.

VCD will bei Anwohnern für seine Idee werben

Vom Bau des Tiefbahnhofs würde eine Panoramabahn nicht tangiert werden, verspricht Harald Beck. Der VCD rechnet allerdings damit, dass einige Anwohner der angedachten Strecke die Inbetriebnahme weniger als Gewinn sehen könnten, da sie zusätzliche Lärmbelästigung fürchten. Harald Beck versucht die Bedenken zu zerstreuen. „Neue S-Bahnen machen praktisch keinen Lärm“, sagt er und verweist auf Erfahrungen aus Karlsruhe. Außerdem gäbe es die Möglichkeit, Lärmschutzwände zu bauen, die nur bis zur Radachsenhöhe reichen. „Das verschandelt dann die Landschaft nicht so sehr“, sagt Harald Beck.

Der VCD will nun an die Anwohner herantreten – etwa mit Einwurfbroschüren. Auch unter den Bezirksbeiräten will er Verbündete suchen, damit Harald Becks Traum eines Tages Wirklichkeit wird.