Volker Mall und Harald Roth, die Initiatoren der im Jahr 2010 eröffneten Gedenkstätte Tailfingen-Hailfingen, erhalten für ihre Arbeit den German Jewish History Award. Sie haben bisher die Hinterbliebenen von 120 der ehemaligen 601 Häftlinge ausfindig gemacht.

Gäufelden - Die Ehrung kommt eigentlich nicht überraschend. Seit Jahrzehnten beschäftigt Volker Mall und Harald Roth die Geschichte des einstigen KZ-Außenlagers Taiflingen-Hailfingen. Vor 15 Jahren entdeckte Mall das Nummernbuch mit den Namen der 601 Häftlinge, die für die Nazis Zwangsarbeit verrichten und einen Militärflugplatz in der Nähe des heutigen Gäufelden bauen mussten. Damals begannen die Nachforschungen nach den Hinterbliebenen des Lagers, in dem fast ein Drittel der jüdischen Häftlinge starb – innerhalb von nur drei Monaten, in denen das Lager um die Jahreswende 1944/45 existierte. Und heute gibt es ein Gedenkstätte und eine Dauerausstellung. Volker Mall und Harald Roth erhalten nun den German Jewish History Award.

 

Den Preis initiierte Arthur S. Obermayer

Die undotierte Auszeichnung hat der amerikanische Chemiker, Genealoge und Unternehmer Arthur S. Obermayer (1931-2016) im Jahr 2000 ins Leben gerufen, sie wird jedes Jahr in Berlin verliehen. Die Großeltern Obermayers stammten aus Deutschland. Bei seinen Besuchen in der Heimat seiner Großeltern lernte er Menschen kennen, die sich für die Erhaltung jüdischer Friedhöfe einsetzten und Geschichtsforschung betrieben. Um ein solches Engagement zu würdigen, verleiht die von ihm gegründete Obermayer Foundation den Preis an nichtjüdische Deutsche, die sich mit Forschungs- und Erinnerungsarbeit dem jüdischen Erbe in Deutschland widmen. Inzwischen wurden schon rund 70 Personen ausgezeichnet, darunter der Initiator der so genannten Stolpersteine-Aktion, der Künstler Gunter Demnig.

„Der Preis ist eine Bestätigung für uns, wir freuen uns sehr darüber “, sagen Mall und Roth. Es sei gut „für die Außenwirkung“, um bei der Arbeit nicht nachzulassen. Rund sieben Jahre hat es beispielsweise gedauert, bis eine Gedenktafel beim Sportplatz unweit des früheren KZ-Lagers aufgestellt werden konnte. „Mitglieder des Sportvereins waren dagegen“, sagt Mall.

Gegenwind für die Initiative

Die Initiative habe auch zuletzt einigen Gegenwind gespürt. So sei verlangt worden, Fotos im Treppenhaus des Alten Rathauses in Tailfingen, in dessen erstem Stock die Dauerausstellung seit dem Jahr 2010 die Geschichte des KZs dokumentiert, abzuhängen. Das sei nun vom Tisch, berichtet Roth. Es gebe aber Menschen im Ort, die nicht gerne mit dieser schrecklichen Geschichte konfrontiert würden.

Mall, Roth und ihre Mitstreiter – der Gedenkstättenverein hat 70 Mitglieder – setzen ihre Arbeit unbeirrt fort. Am Montag war ein Team des Fernsehsenders Arte in Gäufelden, um Schüler zu filmen, die sich fotografisch mit den Überresten des KZs, eigentlich ein Außenlager des KZs Natzweiler-Struthof im Elsass, auseinandersetzen. Ihre Aufnahmen werden im Zuge eines deutsch-französischen Projekts mit den Bildern anderer Schüler von anderen ehemaligen KZ-Orten in einer Straßburger Ausstellung Ende Januar gezeigt. Zudem strahlt Arte im nächsten Jahr eine Dokumentation über die KZ-Geschichte aus. „Uns ist es wichtig, die Erinnerung wachzuhalten“, sagt Roth. Zusammen mit Volker Mall hat er bisher die Hinterbliebenen von 120 Ex-Häftlingen aufgespürt und ihnen Klarheit über ihre Angehörigen verschafft.

Anfang Oktober waren der ehemalige britische Außenminister David Miliband sowie sein Bruder Ed Miliband mit ihrer Mutter und Tante bei der Gedenkstätteninitiative zu Gast. Sie erfuhren erstmals, wo ihr Großvater ermordet worden war.

Fünf weitere Personen und eine Gruppe erhalten den Preis

Preisverleihung
: Die German Jewish History Awards werden am 22. Januar im Berliner Abgeordnetenhaus übergeben. Es unterstützt die Veranstaltung finanziell und organisatorisch. Zu den Sponsoren gehört auch das Leo-Baeck-Institut, eine Forschungs- und Dokumentationsstätte in New York.

Preisträger:
Ausgezeichnet werden fünf weitere Personen aus Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen sowie eine Gruppe aus Berlin.

Preisjury:
Dem fünfköpfigen Gremium gehören unter anderem David Ellenson an, der Direktor des Schusterman Centers for Israel Studies der Brandeis University in Massachusetts, und Karen Franklin, die Direktorin des Leo Baeck Instituts in New York.