Am Anfang überzeugte Johannes Buchter die Gäufeldener mehr als Forstbeamter denn als Grüner. Ökologische Politik konnte er als Bürgermeister auf dem Land dennoch machen. Trotzdem macht er sich Sorgen.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Gäufelden - Als erster grüner Bürgermeister im Regierungsbezirk Stuttgart hat Johannes Buchter vor 16 Jahren Furore gemacht. Am Sonntag, 14. Juli, wird in Gäufelden sein Nachfolger gewählt. Noch bis Mitte Oktober ist der 64-Jährige im Amt – und auf seinem Schreibtisch stapeln sich die Projekte.

 

Herr Buchter, wie grün waren Sie als erster grüner Bürgermeister?

Beim Einspeisen von Strom aus regenerativen Energiequellen ist Gäufelden weit vorne im Kreis Böblingen. Dass es hier Kindertagesstätten mit Betreuung von 7 bis 17 Uhr und mit einer hohen Qualität gibt, ist für mich auch grüne Politik. Oder die Einrichtung der KZ-Gedenkstätte im Ortsteil Tailfingen: Da spielte die Gemeinde am Anfang eine Moderatorenrolle. Mein jüngstes Projekt ist der Bau eines Supermarktes mit Drogerie: Das ist ökologisch, weil es die Emissionen minimiert. Zum Einkaufen sind die Bürger immer weit gefahren. Auf das Gebäude bin ich besonders stolz, es ist zu großen Teilen unter der Erde und eingegrünt. Für die Modernisierung des Bahnhofs steht ein ganzes Paket auf der Agenda. Das geht ebenfalls in diese Richtung.

Bei der anstehenden Bürgermeisterwahl tritt kein einziger Grüner an. Wie haben Sie sich durchgesetzt?

Als Grüner war es tatsächlich nicht einfach in einer ländlichen, konservativen und pietistisch geprägten Gemeinde. Aber ich war als Forstbeamter bekannt. Darauf konnte ich bauen. Und mein Amtsvorgänger Hermann Wolf wollte seinen Kronprinzen installieren. Das hat mir Stimmen gebracht. Grün war ja noch nicht mit solchen Mehrheiten garniert wie heute.

Haben Sie die Entwicklung zu den heutigen Wahlergebnissen erwartet?

Das hätte ich mir nie träumen lassen! Das ist wirklich schön. Allerdings ist der Regierungsapparat nicht auf Grün zugeschnitten. Die Beamten in den Ministerien und den anderen Behörden werden ja nicht ausgetauscht. Man muss es clever managen, damit sie mitarbeiten und man nicht auf Widerstand trifft. Winfried Kretschmann macht es gut.

Sie sind wegen des Waldsterbens in die Politik gegangen, heute macht der Klimawandel den Menschen Angst. Schafft es die Politik, ihn aufzuhalten?

Das ist eine schwierige Frage. Wir sind ja in einem globalen Prozess. China macht sich wenigstens auch auf den Weg, das Klima zu schützen. Und es ist ein zäher Prozess in den Köpfen der Menschen. Ich denke, wenn sich das Landschaftsbild verändert, ist Schluss mit lustig. Das Waldsterben ist ja immer noch aktuell: Die Hitzeentwicklung wird unseren Wäldern den Garaus machen. Ich muss allerdings einräumen, dass ich schon vor 25 Jahren auf das autonome Fahren gesetzt habe, weil die Schiene nur beschränkte Kapazität hat. Daran zeigt sich, dass die politischen Prozesse einfach viel zu lange dauern.

Im Herbst 2017 feierten Sie 40-Jahr- Dienstjubiläum. Sind Sie nun im Endspurt?

Alle Kollegen sagen: In unserem Job gibt es keinen Endspurt. Es ist wie beim Marathon, man muss die Schlagzahl über die gesamte Distanz aufrechterhalten.

Was ist Ihre größte Errungenschaft?

Die Gesamtschule ragt mit einem Investitionsvolumen von 13 Millionen Euro deutlich heraus. Und dass in allen drei Ortsteilen Landessanierungsprogramme gemacht wurden. Das war von der Schnelligkeit her auch nicht von schlechten Eltern.

Haben Sie den Schritt vom Landtag ins Rathaus jemals bereut?

Ich habe nicht nach etwas Höherem gestrebt, als Bürgermeister zu sein. Ich schätze diese Nähe zu den Bürgern und die kurzen Wege im Rathaus. Je größer der Apparat ist, desto mehr reden mit. Bei uns geht alles zackig. Als ich Landtagsabgeordneter war, war Wolfgang Reimer mein Berater. Er hat eine tolle Karriere gemacht und ist nun Regierungspräsident. Allerdings ist er auch viel stärkeren Sachzwängen ausgesetzt. Die Planungshoheit liegt schließlich bei den Kommunen.

Was macht einen guten Bürgermeister aus?

Er darf keine Angst vor der Arbeit haben. Das muss einen guten Schultes kennzeichnen. Der alltägliche Kleinkram fordert schon acht Stunden Arbeitszeit. Unter 60 Stunden in der Woche geht es in diesem Amt einfach nicht.

Im Fall von Gäufelden scheint dies niemand abzuschrecken: Es gibt zehn Kandidaten.

Das ist leicht mit den unheimlichen Gestaltungsmöglichkeiten hier zu erklären. Der Gemeinderat ist wie unser Markenkern „offen, beweglich, aktiv“. Und die Verwaltung und der Bürgermeister haben in Gäufelden eine starke Rolle.