Die Beat Baracke Leonberg lädt zum Punkrock-Festival am kommenden Wochenende ein. Mit dabei: Gaffa, eine Band, die eng mit dem Jugendhaus verbunden ist und ihr neues Album dort vorstellt.
Es ist ein lustiges Phänomen: Gibt man bei Google „Gaffa Band“ ein, spuckt die Suchmaschine natürlich sämtliche Variationen von Faserklebeband aus: in klassischem silber-grau, aber auch pink, orange, grün... . Will man hingegen mehr über die Musikgruppe gleichen Namens erfahren, darf ein entscheidender Begriff nicht fehlen: Punk. Und den spielt die Combo aus dem Großraum Stuttgart schon seit vielen Jahren voller Hingabe. Zu hören ist das auch auf dem neuen Album „Am Arsch!?“, das Gaffa an diesem Samstag beim zweitägigen Punkrock-Festival in der Leonberger Beat Baracke offiziell veröffentlichen.
Gitarrist Felix hat einige Zeit im Treff Warmbronn gearbeitet
Die Band pflegt seit vielen Jahren eine enge Verbindung zur Leonberger Musikszene und speziell zu allem rund um das dortige Jugendhaus. „Die Jugendarbeit dort ist ja fast ein Mekka“, lobt Gitarrist Felix, der auch eine Zeit lang im Jugendhaus Treff in Warmbronn gearbeitet hat. Gaffa sind beispielsweise schon mehrfach auf dem Warmbronner Open-Air aufgetreten und auch bei den Kinder- und Jugendtagen im Stadtpark gern gesehene Gäste. Sänger Stimpy fügt allerdings hinzu: „Aber natürlich sind wir auch schon anderswo am Start gewesen. Neulich in Halle oder Erfurt, das waren echte Highlights.“ Und vielleicht schafft das neue Album weitere Möglichkeiten, um mindestens über den Rand des Stuttgarter Speckgürtels hinauszublicken.
Gaffa haben eine bewegte Geschichte. Im Presse-Handout zum neuen Album beschreibt die Band ihre Besetzungen seit dem Gründungsjahr 1995 als „äußerst volatil“. Stimpy erinnert sich: „Aus der prähistorischen Zeit ist keiner mehr dabei. Ich selbst bin 1997 dazugestoßen, 1999 haben wir uns erst mal aufgelöst.“ 2009 ging es schließlich wieder los, mit dem Einstieg von Bassist Jan im Jahr 2018 hat man nun offenbar die optimale Konstellation gefunden. „Wir sind ja quasi die Punkrock-Boygroup“, sagt Stimpy und lacht, „jeder von uns verkörpert etwas anderes.“ Gitarrist Mefisto ergänzt: „Vielleicht ist das unser Erfolgskonzept. Dass jeder von uns ein bisschen unterschiedlich tickt und jeder andere Dinge einbringt.“
Die Besetzung ist bunt wie die Klebebandauswahl bei Google
Als da wären, bunt wie die Klebebandauswahl bei Google: Gitarrist Felix, vollbärtig, Schiebermütze und Obersympath. Drummer Jockl, hinterm Schlagzeug traditionell im Trikot der tibetanischen Fußball-Nationalmannschaft und nepalesischer Wollmütze. Bassist Jan, langbemähnt und hinter seinem Lemmy-Bass stets in Death-Metal-Kutte. Gitarrist Mefisto, dem man das Image des Misfits-Fans – eine amerikanische Punkband, die stets in Horror-Outfits auftritt – nicht nur aufgrund des Skelett-Shirts abnimmt. Und eben Frontmann Stimpy, der ständig aktive Sänger, der sich nach dem Gig auch an der Bar gern mal vollquatschen lässt.
Und alle fünf haben nun zusammen das Album „Am Arsch!?“ aufgenommen, auf dessen Frontcover eine Hand dem Betrachter den Mittelfinger ins Gesicht hält. „Thematisch kriegt man ja gerade Input von allen Seiten“, so Gitarrist Felix, „und das ganze Schwurbel-Thema hat es noch nicht mal drauf geschafft.“ So geht es textlich um (und gegen) die sich immer schneller drehende Welt („Gehetzt“), den Verfassungsschutz („V-Mann“), die Medien („NTV“) und natürlich bekommen Nazis und die AfD ihr fett weg – wie es sich für eine Punkband gehört.
Lyrisch und musikalisch ist vieles bei Gaffa echte Teamarbeit. Zum Beispiel sei der Song „Hängt sie höher“ die auf einem Schmierzettel festgehaltene Idee von Schlagzeuger Jockl gewesen. „Und ich hatte bei der Arbeit Stress mit meinem Chef und hab im Frust eine Melodie vor mich hin gesungen“, so Stimpy. Da seien dann Aggressionen von zwei Seiten aufeinandergeprallt, was auf „Am Arsch!?“ noch von einem Gastauftritt von Sängerin Liza von Die Dorks gekrönt wird. Entstanden ist die Scheibe im Gaffa-Proberaum unter Stimpys Ägide bei Aufnahme und Mix. Alles in allem sei es ein hartes Stück Arbeit gewesen, betont Gitarrist Felix. „Du hast zwölf Songs, die du gleichzeitig fertig machen musst“, beschreibt er. Außerdem hat die Band noch Cover- und Bookletgestaltung selbst übernommen. Jetzt liegt vieles in Händen des neuen Labels Abbruch-Records, von dem man sich auch einiges verspricht.
Zwölf Punk-Hymnen, dei stellenweise an die Sindelfinger WIZO gemahnen
Aber wie klingt „Am Arsch!?“ denn nun? Die Scheibe lässt zwölf Punk-Hymnen auf den Hörer los, davon neun neue Kompositionen, zwei Coversongs und die Live-Version des Band-Klassikers „Etwas anders“. Die Stücke erinnern mitunter an die Sindelfinger Lokalhelden der Deutsch-Punk-Institution WIZO, brauchen diesen Vergleich aber zu keiner Sekunde zu scheuen. Auch die Frühwerke der recht erfolgreichen Rostocker Punkrocker von Dritte Wahl gehen als Orientierungshilfe gut durch – ebenfalls eine mehr als passable Referenz.
Und was kommt jetzt? Irgendwann wieder ein Album? Felix winkt erst einmal ab. „Wir wollen eher in kleinen Portionen Musik machen.“ Hier mal einen Song veröffentlichen, da mal eine geteilte Veröffentlichung mit einer anderen Band. Und natürlich live spielen. „Wenn es menschlich passt, ist es das geilste Hobby der Welt“, sagt Felix. Mefisto dazu: „Man kriegt ja auch einiges zurück.“ Und zum Schluss der lachende Stimpy: „Mich tragen sie irgendwann in der Holzkiste von der Bühne.“
Punkfest – wann, wer und wo?
Punkfest
An diesem Wochenende steigt das große Punk-Rock-Festival in der Beat Baracke Leonberg, Badstraße 22. Mit dabei sind am Freitag, 29. September, Bummelbuz, Olga Schmus, Hirnriss und Mofakette. Am Samstag, 30. September, rocken Krachnix, The Bottles, Die Siffer, Gaffa und Abbruch das Haus.
Eintritt und Einlass
Los geht’s am Freitag um 18 Uhr, am Samstag um 17 Uhr. Der Eintritt kostet für einen Tag 9 Euro, für beide Tage 15 Euro.
Internet
Infos zu Gaffa und zum Punkfest gibt’s online auf http://www.gaffa-punkrock.de, www.facebook.com/gaffa.band und www.jhleonberg.de.