In der Galerie Abtart stehen sich zwei gegensätzliche Avantgarde-Künstler gegenüber.

Stuttgart-Möhringen - Public Enemy“ heißt sein Titel. Der Graffiti-Sprayer Smash137 wurde in der Schweiz als eine Art öffentlicher Feind verfolgt. Mit seinem „Katzengold“ und der „Wünschelmatrix“ schickt der andere Künstler die Besucher durch seine interaktiven Installationen auf die computergesteuerte Suche nach dem Glück, mit den glitzernden und leuchtenden Zeichen von Nippes und Konsumkultur. In der Möhringer Galerie Abtart stehen sich der Schweizer Adrian Falkner und Boris Petrovsky in einer am Donnerstag eröffneten Ausstellung gegenüber. Mit beiden hatte Galeristin Karin Abt-Straubinger schon auf der Kunstmesse „art Karlsruhe“ große Publikumserfolge.

 

Gegensätzlicher könnten sie kaum sein, und trotzdem stehen Adrian Falkner, der Sprayer von Basel, und Boris Petrovsky, der am Bodensee lebende Installations-Künstler, an der Spitze der Avantgarde künstlerischen Bewegungen. Der eine ist ganz Einzelgänger, hat seine Aufsehen und Anstoß erregende Kunst in nächtlicher Einsamkeit und im Schatten der Illegalität entwickelt. Der andere arbeitet in einem Team von Technikern, Programmierern und Handwerkern mit Material, das öffentlicher kaum sein könnte und der Reklame wie der Massenkultur entspringt.

Die Kunstwelt ist ihm entgegengekommen

Mit gerade mal elf Jahren fing Adrian Falkner an, sein „Tag“, die Abwandlungen einer immergleichen Folge der Zeichen von „Smash137“ an öffentliche Mauern zu sprühen, vor allem im Basler Bahnhofsviertel. Bald stieg er zu einem Mythos in der internationalen und meist illegalen Szene auf und zählt seither zu einer Handvoll von weltweit bekannten und einflussreichen Sprayern, einer Hall of Fame. Eine illegale Legende.

Einerseits verfolgten ihn die Basler Behörden strafrechtlich, was ihn ins Ausland trieb, nach Berlin, New York, Heidelberg oder Barcelona. Andererseits entdeckten auch immer mehr die Museen, Galerien und Messen die künstlerische Qualität seiner „Stylewritings“ und Streetart-Schöpfungen in ihrer Farbe, Raumtiefe, Komposition und Dynamik. Heute arbeitet er im Atelier, in Weil am Rhein. Die Riesenwand im Erdgeschoss der Galerie Abtart hat er besprüht. Zu sehen sind gerahmte Großformate ebenso wie kleinere Zeichnungen, Entwürfe für die Tags von „Smash137“. Manche der früheren Bewunderer finden Adrian Falkners aktuelle Arbeiten auf Leinwand zahmer als die illegalen Graffiti von „Smash137“. Der 33-jährige selbst sieht das gelassen. Er habe sich auf die Kunst zubewegt, und die Kunstwelt sei ihm entgegengekommen.

Ganz anders und doch ähnlich

Die goldenen Winke-Katzen sind ein populäres japanisches Glückssymbol. Wenn Boris Petrovsky aber 520 Stück von ihnen auf einer Schräge anordnet, dann können die possierlichen Nippes-Tierchen schon etwas von einer mächtigen „Army of Luck“ bekommen. Ihre Winke-Arme lassen sich programmieren. Da laufen dann Worte oder La-Ola-Wellen laufbandartig lesbar durch die Reihen.

Ganz anders und doch ähnlich arbeitet der 46-jährige bei seiner „Wünschelmatrix“, zu der nebenan ein Steuerpult aufgebaut ist. Mit der Tastatur lassen sich auf einer riesigen Wand im Foyer des Karlsruher Zentrums für Kunst und Medientechnologie (ZKM) wiederum Hunderte von Leuchtschrift-Fragmenten aus der Werbewelt ansteuern und kombinieren, in Echtzeit am Möhringer Bildschirm zu verfolgen. Ein Besucherin gab statt eines Wunschwortes wie Liebe oder Glück bei der Vernissage den Namen des Künstlers ein. Und auf der Leuchtwand erschien eine Verweigerung: „Die Maschine kennt ihren Herrn nicht“, flachste Petrovsky, „aber sie ist selbstlernend“.