Ein Jahr nach der Insolvenz des Internationalen Clubs arbeiten die neuen Veranstalter in Iffezheim an vielen Änderungen.  

Iffezheim - Andreas Jacobs ist einer der ersten Gratulanten im Absattelring. Er beglückwünscht den Jockey, klopft dem Trainer auf die Schulter und schüttelt die vielen Hände der Besitzer des siegreichen Pferdes. Er posiert lächelnd mit der ganzen großen Gruppe für das Gewinnerfoto. Er wechselt viele freundliche Worte. Und verlässt die Siegerehrung dann wieder schnellen Schrittes. Er muss weiter. Er muss noch mehr Hände schütteln und noch mehr freundliche Worte wechseln.

 

Während der Großen Woche ist Andreas Jacobs auf der Galopprennbahn in Iffezheim pausenlos unterwegs. Er hätte das eigentlich nicht nötig. Der 47-Jährige, Sohn des Kaffee-Milliardärs Klaus Jacobs, führt die Jacobs Holding, eine internationale Unternehmensgruppe mit Anteilen an der Zeitarbeitsfirma Adecco, dem Schokoladenhersteller Barry Callebaut und dem Fernsehrechtevermarkter Infront. Der Züchter Jacobs könnte sich das Geschehen in Iffezheim entspannt von der Loge aus ansehen. Doch die Große Woche, deren Höhepunkt am Sonntag das Rennen um den Großen Preis von Baden-Baden ist, hat er zu seinem persönlichen Projekt auserkoren. Er will Iffezheim in die "Champions League" des Galoppsports führen, wie er sagt. Aber er musste ganz unten anfangen.

Vor eineinhalb Jahren meldete der traditionsreiche Internationale Club, der 137 Jahre lang die wichtigste Galoppveranstaltung Deutschlands veranstaltete, Insolvenz an. Jacobs gründete mit anderen Gesellschaftern die Baden Racing GmbH und schloss mit der Gemeinde Iffezheim einen Pachtvertrag, der zunächst fünf Jahre läuft, jedoch bis auf 20 Jahre verlängert werden kann. Seit 15 Monaten veranstalten Jacobs und seine Mitstreiter nun die Rennen, und Jacobs' Fazit fällt positiv aus. "Es war ein guter Neustart", sagt er.

50 Prozent der Einnahmen kommen aus Wetten

Baden Racing hat zunächst die Einnahmen auf eine solide Grundstruktur gestellt. 50 Prozent kommen aus Wetten, die andere Hälfte von Sponsoren und der Besucherbetreuung. Nachdem die Große Woche im vergangenen Jahr beeindruckende Zahlen hervorbrachte - 68.000 Zuschauer, ein Wettumsatz von 4,89 Millionen Euro, eine Steigerung von 20 Prozent im Vergleich zu 2009 - stabilisierten sich die Werte nun. Die Besucherzahlen liegen auf Vorjahresniveau, der Wettumsatz etwa zehn Prozent darunter.

Die Zahlen von 2010 übertrafen alle Erwartungen. Dies noch zu toppen, sei illusorisch, betont Jacobs. Doch er glaubt daran, dem Galoppsport wieder einen Schub geben zu können. Deshalb hält er sich die Große Woche in seinem vollen Terminkalender frei: um die Sponsoren zu kontaktieren, um freundliche Worte zu wechseln, um Hände zu schütteln. "Ich schaue, wo es klappert. Wenn der Kaffee kalt ist, muss er beim nächsten Mal warm sein. Wir müssen reaktionsschnell sein und die Leute servicen", sagt er mit englischem Einschlag.

Jacobs ist die Galionsfigur des Neustarts. "Er ist einer der wichtigsten Pferdemenschen Deutschlands", sagt Benedict Forndran, der Geschäftsführer von Baden Racing. "Er ist erfolgreich, besonnen und erfahren. Alle schauen auf Iffezheim. Wenn wir den Galopp nach vorne bringen, bedeutet das die Wende."

"Wir müssen der Region ein Zuhause geben"

Baden Racing ist mit dem Anspruch angetreten, den Galoppsport stärker in den Fokus der Menschen zu rücken und nicht nur auf finanzstarke Zielgruppen zu setzen. "Wir brauchen eine Basis, brauchen eine volle Bahn", betont Jacobs. "Wir müssen der Region ein Zuhause geben. Früher hat es das hier nicht gegeben." Baden Racing hat sich dafür einiges einfallen lassen. Mit einer halben Million Euro wurde das Gelände verschönert. Die Rennbahn ist auch kinderfreundlicher, hat ein Maskottchen (Pferdinand), ein Spielmobil und einen Familientag.

Das stärkste Lockmittel für die Besucher bleiben jedoch die Wetten, und auch da agierte Baden Racing kreativ und volksnah. Mit hohen Garantiegewinnsummen setzten die Veranstalter neue Reize. Außerdem erklärt seit diesem Jahr der kalauernde Sportmoderator Ulli Potofski täglich in einer Wettshow, welche Tippmöglichkeiten es gibt. Potofski steht dabei im Führring der Pferde und wünscht immer wieder "Hals und Bein".

Natürlich ist noch nicht alles so wie zu den besten Zeiten des Galoppsports. Um die absoluten Spitzenpferde nach Iffezheim zu holen, sind die Preisgelder noch nicht hoch genug. Das braucht Zeit. Auch das weiß Jacobs. "Genau messen kann man es ja nicht", sagt er. "Aber wenn ich auf der Rennbahn unterwegs bin, merke ich, die Stimmung ist wirklich gut." Und er ist viel auf der Rennbahn unterwegs.