Bei Videospielen geht es nicht nur um Pixel. Es geht auch um Effekte, die immer realistischer werden und die den Gamer sprachlos machen sollen. Ein Besuch bei den Entwicklern des Spiels „Crysis 3“.

Köln - Computerspiele müssen den Spagat schaffen zwischen Massentauglichkeit und technischer Raffinesse auf höchstem Niveau. Auch wenn nicht jeder Spieler einen Superrechner auf dem Tisch stehen hat, soll er doch Spezialeffekte sehen, die ihn sprachlos machen. Dazu zählen bei modernen Videospielen fließende Tag- und Nachtwechsel, weich gezeichnete, vom Sonnenstand abhängige Schatten, und naturgetreue Spiegelungen im Wasser. Landschaften und Stadtszenen werden immer realistischer. „In modernen Computerspielen ist heute fast nichts mehr unmöglich“, sagt Cevat Yerli, einer der drei türkischen Brüder, die in Frankfurt das Studio Crytek gegründet haben.

 

Bei Crytek wird derzeit das Spiel „Crysis 3“ entwickelt, das Spieler auf der Gamescom in Köln ungeduldig erwarten. „Wir wollen mit unseren Spielen zeigen, wo die Grenzen liegen“, sagt Yerli. Im dritten Teil der Crysis-Serie geht es darum, das weitgehend menschenleere und von Pflanzen überwucherte New York von Aliens und einer privaten Sicherheitsorganisation zurückzuerobern.

Das Spiel wird mit Superlativen aufwarten, die vor einigen Jahren noch undenkbar waren: Es wird in neun Sprachen übersetzt, das Programm besteht aus rund einer Million Zeilen Quellcode. 20 000 Sounds kommen vor und erzeugen einen Klangteppich, der die Realität wiedergeben soll. Das Unternehmen Crytek unterhält sieben Studios mit insgesamt 670 Mitarbeitern in Frankfurt, Kiew, Sofia, Nottingham, Budapest, Orlando und Seoul. 150 Menschen haben „Crysis 3“ programmiert, 20 Millionen Euro hat die Entwicklung gekostet. In dieser Größenordnung kann ein Flop auch für ein Studio wie Crytek kritisch werden.

Die „künstliche Intelligenz“ des Spiels ist die Herausforderung

Der 34-jährige Jan Lechner ist als Development Director gesamtverantwortlich für „Crysis 3“. Die größte Herausforderung ist aus seiner Sicht neben der Grafik die „künstliche Intelligenz“ des Spiels: das möglichst kluge Verhalten der virtuellen Gegner. Der Begriff der künstlichen Intelligenz ist in der Spielebranche arg strapaziert worden. „Hier hat in den vergangenen Jahren allerdings ein Umdenken stattgefunden“, sagt Lechner.

Lange habe man die Intelligenz als eine mathematische Intelligenz gesehen. „Heute geht es auch um Glaubwürdigkeit.“ Ein superintelligenter Gegner, der einem keine Chance lässt, wirkt wenig realistisch. „Unser Ziel ist es, eine künstliche Intelligenz zu programmieren, die einerseits den Spieler herausfordert, andererseits aber auch glaubwürdiges und nachvollziehbares Verhalten zeigt und damit den Spielspaß fördert“, erklärt Lechner.