Der Kultusminister soll per Eilentscheid an drei Stuttgarter Schulen bereits zum Herbst den Ganztagsbetrieb für die Klasse eins genehmigen. Der Grund für das Vorgehen der Stadt: Pressestatements des Ministers.

Stuttgart - Mittels einer Bitte um Eilentscheidung an Kultusminister Andreas Stoch (SPD) will die Stadt nun doch noch erreichen, dass die Riedseeschule, die Schule Im sonnigen Winkel und die Grund- und Werkrealschule Stammheim im nächsten Schuljahr in Klasse eins mit dem Ganztag beginnen können – also schrittweise, wie es auch Schulen und Eltern beschlossen haben. Hinter diesen Vorschlag von Schulbürgermeisterin Susanne Eisenmann (CDU) hat sich am Mittwoch einstimmig der Verwaltungsausschuss des Gemeinderats gestellt.

 

Ebenso einmütig hat das Gremium ein zweistufiges Verfahren beschlossen: Falls das Ministerium wider Erwarten doch keine verwaltungsrechtlich saubere Lösung für den schrittweisen Ganztagsstart dieser drei Stuttgarter Schulen finden sollte, werde man zu Plan B greifen: also die Anträge zurückziehen und die Einführung des Ganztags um ein Jahr verschieben.

Schulbürgermeisterin sieht positive Signale

„Ich bin mir sicher, dass Herr Stoch und sein Haus eine Lösung im Sinne der Schulen und der Eltern finden“, sagte die Schulbürgermeisterin im Verwaltungsausschuss. Ihre Hoffnung schöpfe sie aus den Presseberichten der vergangenen Tage, für die sie „ausgesprochen dankbar“ sei, so Eisenmann. Denn ihnen habe sie entnommen, „dass das Kultusministerium die Möglichkeit sieht, den Ganztag sukzessiv einzuführen“ – auch wenn die aktuelle Gesetzeslage dies eigentlich nicht vorsehe.

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass Kultusminister Stoch zu offenem Rechtsbruch aufruft“, sagte Eisenmann. „Ich glaube, dass das Kultusministerium bereit ist, eine Sondergenehmigung für die drei Schulen zu finden – so verstehe ich die Signale.“ Eine direkte Antwort vom Kultusministerium auf ihre Schreiben, das letzte vom 24. April, habe sie leider noch nicht bekommen, so Eisenmann.

Ministerium hält schrittweisen Ausbau für möglich

In seiner Stellungnahme vom 19. Mai gegenüber der Stuttgarter Zeitung hatte das Kultusministerium, wie berichtet, zwischen der geltenden Rechtslage und der „faktischen Anmeldesituation“ an den drei betroffenen Schulen unterschieden. Dabei hatte die Behörde darauf abgehoben, dass „nur Schüler der Klasse 1 für den Ganztagsbetrieb angemeldet“ worden seien. Mit ihnen könnten die Schulen doch beginnen.

Somit sei „faktisch“ ein schrittweiser Ausbau möglich. Im Ausschuss erläuterte Eisenmann, man habe auch nur für diese Klassenstufe den Bedarf am gebundenen Ganztag abgefragt. „Eine Elterninformation in Klasse zwei bis vier fand nicht statt, weil keiner davon ausgegangen war, dass das nötig ist“, so Eisenmann. „Die Nachfrage in Klasse zwei bis vier kennt keiner.“ Deshalb brauche die Stadt eine rechtsverbindliche Genehmigung für den sukzessiven Start – also nur in Klasse eins.

Als „sehr guten Weg“ bezeichnete der CDU-Stadtrat Fred-Jürgen Stradinger Eisenmanns Verfahrensvorschlag. Für das Kultusministerium hatte er nur barsche Kritik übrig, er bezeichnete die Behörde als „Laienspieltruppe“ und ihr Agieren als „bildungspolitischen Offenbarungseid“. Das Schulgesetz sei „schnell und schlampig“ gemacht worden, so Stradinger weiter – „eine gute Note hat sich das Kultusministerium damit nicht verdient“. Denn nun habe man „tief verunsicherte Eltern und verärgerte Lehrer“.

Stadt und Schulen brauchen schnell Planungssicherheit

Zurückhaltender äußerte sich Andreas Winter (Grüne). Es sei „sehr viel über die  Presse kommuniziert“ worden. „Jetzt muss die direkte Kommunikation kommen.“ Die Schuldfrage sei nun müßig, so Winter. „Wir brauchen sehr schnell Planungssicherheit.“

Auch SPD-Fraktionschef Martin Körner schlug vor, das direkte Gespräch zu suchen. Noch am Nachmittag kam die Schulbürgermeisterin dem Auftrag des Verwaltungsausschusses nach und verschickte das Schreiben mit der Bitte um Eilentscheidung an Kultusminister Stoch.