In Stuttgart wird es von Herbst an vier Gemeinschaftsschulen geben. Drei neuen Schulen gelang es auf Anhieb, ausreichend viele Schüler für die neue Schulart zu interessieren. Erstmals ist auch eine Realschule darunter.

Stuttgart - In Stuttgart wird es von Herbst an vier Gemeinschaftsschulen geben. Neben der Elise-von-König-Schule in Münster sind dies die Anne-Frank-Realschule in Möhringen, die Altenburgschule auf dem Hallschlag und die Körschtalschule in Plieningen. Auch den drei neuen Standorten gelang es auf Anhieb, ausreichend viele Schüler für die neue Schulart zu interessieren. „Die Gemeinschaftsschule entwickelt sich zum Erfolgsmodell“, sagt Schulbürgermeisterin Susanne Eisenmann. Dies sei erfreulich und notwendig gleichermaßen. Denn somit biete sich – auch nach dem Ausbluten der Werkrealschulen – ein geeignetes Schulangebot für alle Kinder.

 

Spitzenreiter bei den Anmeldungen ist die Anne-Frank-Realschule: Dort wird die Gemeinschaftsschule mit mittlerweile 91 Bewerbern für Klasse fünf gleich in vier Parallelklassen starten. Über so einen großen Zulauf sind Beate Müller, die Leiterin der Anne-Frank-Schule, und ihr Kollegium erfreut und überrascht zugleich. Die meisten Bewerber kämen aus Möhringen, einige aus Vaihingen sowie wenige aus Degerloch und Plieningen, berichtet Müller. Dass sich ihre künftigen Gemeinschaftsschulklassen ungefähr je zu einem Drittel aus Kindern mit Gymnasialempfehlung, Realschul- und Werkrealschulempfehlung zusammensetzen, weiß Müller, weil die meisten Eltern diese Empfehlung freiwillig gezeigt hätten. Gemusst hätten sie dies nicht.

Auch verbindlicher Ganztagsbetrieb ist ein wichtiges Argument

„Wir sind an Heterogenität gewöhnt“, sagt die Schulleiterin. Schon bisher seien auch viele Kinder mit Gymnasialempfehlung in die Realschule aufgenommen worden. In der Gemeinschaftsschule könnten es zudem auch einige mit Handycap sein, doch darüber sei noch nicht entschieden worden. Auffällig sei, dass Eltern, die ihr Kind an der Gemeinschaftsschule angemeldet hätten, sehr gut über deren besonderes Konzept informiert seien, berichtet Müller. Besonders wichtig sei den Eltern, dass den Kindern klare Regeln und Werte vermittelt würden. Gerade Migrantenfamilien legten darauf großen Wert. Schließlich stammten die Kinder aus rund 30 verschiedenen Nationen. Aber auch die verbindliche Ganztagsschule an vier Wochentagen spiele für viele eine große Rolle.

Auch die zwei bisherigen Werkrealschulen konnten offensichtlich mit ihrem neuen Konzept bei den Familien punkten – und somit ihren weiterführenden Bereich sichern: An der Altenburgschule gibt es laut Regierungspräsidium 35 Anmeldungen und somit zwei fünfte Klassen. Auf der Homepage fasst die Schule kurz und bündig ihre Besonderheiten zusammen: „Unterricht auf gymnasialem Niveau, Realschulabschluss, direkter Übergang in die gymnasiale Oberstufe, bilinguales Unterrichtsangebot.“ Wer es genauer wissen möchte, sei auf den Film auf der Homepage verwiesen, in dem Schüler und Lehrer die Feinheiten präsentieren.

Eltern zeigen Vertrauen in den neuen Schultyp

An der Körschtalschule meldeten sich laut RP 40 Schüler an – das bedeutet ebenfalls zwei Eingangsklassen. Ohne diese wäre die Körschtalschule auf dem Weg zur reinen Grundschule gewesen, denn als Werkrealschule hatte sie schon für das laufende Schuljahr keine eigenständige fünfte Klasse mehr zusammengebracht. Über den Erfolg der künftigen Gemeinschaftsschule freut sich auch Ulrike Brittinger, die Leiterin des Staatlichen Schulamts: „Wir haben bei der Körschtalschule gesagt: Das ist der Lackmustest für die Gemeinschaftsschule.“ Aber Eltern sei die Perspektive wichtig: die Option auf einen Realschulabschluss samt möglichen Anschluss ans Gymnasium. Im Internet wirbt die Plieninger Schule mit den Vorteilen der neuen Schulart: für Kinder und Jugendliche, weil sie nach der Grundschule ihr privates Umfeld behielten, Lerninhalte und -tempo selbst bestimmen könnten und Flexibilität bei den Schulabschlüssen hätten. Vorteilhaft für Eltern seien die wohnortnahe Schule und regelmäßige Infos über Leistungs- und Entwicklungsstand der Kinder.

Zufrieden, aber nicht überrascht zeigt sich Mike Emeling, der Konrektor der Elise-von-König-Schule, über den deutlichen Zuwachs auf nunmehr 73 Bewerber für die Eingangsklassen: „Die gute Qualität der Schule hat sich einfach rumgesprochen.“ Seit September besuchen knapp 50 Fünftklässler den Stuttgarter Pionier unter den Gemeinschaftsschulen. Bereits kurz vor den Halbjahreszeugnissen seien Anfragen von Eltern gekommen, die ihre Kinder gern noch während dieses Schuljahrs vom Gymnasium oder der Realschule ab- und an der Elise-von-König-Schule angemeldet hätten, berichtet Emeling.

Quereinsteiger will man in Münster nicht

Doch Quereinsteiger aus anderen Schularten nehme man nicht auf. Es wäre, so begründet es der Konrektor, problematisch, Kinder während des Schuljahrs in ein neues System mit ganz anderer Methodik zu integrieren. Zudem wolle man kein Auffangbecken für Kinder sein, die anderswo gescheitert seien. Interessant findet Emeling auch, wie die Eltern den Querwechselwunsch begründet hätten: Neben dem Thema Überforderung hätten sie auch argumentiert, im Gymnasium falle zu viel Unterricht aus. Die Gemeinschaftsschule hingegen ist zugleich Ganztagsschule und dauert an vier Tagen bis 16 Uhr, unterrichtet wird im Team. „Es ist“, so Emeling, „ein wichtiger Grund für Eltern, in der Schule einen verlässlichen Partner zu haben.“