Die Initiative Garnisonsschützenhaus möchte aus dem Gebäudeensemble am Dornhaldenfriedhof ein „Haus der Ruhe“ machen. Ehrenamtliche Unterstützung in allen baurechtlichen Belangen erhält sie von den Architekten der Firma Strebewerk

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

S-Süd/ Degerloch - Architekten sind es gewohnt, für neue Projekte in Vorleistung zu gehen. Ein komplettes Denkmalobjekt zu begleiten, ohne Geld dafür zu bekommen, ist aber auch für die Denkmalexperten Till Läpple und Tilman Riegler von Strebewerk ungewöhnlich. Erst recht, wenn es um ein Bauprojekt geht, bei dem die Umsetzung lange Zeit in den Sternen stand.

 

Seit mehr als einem Jahr engagiert sich das Büro aus dem Stuttgarter Westen ehrenamtlich für die „Initiative Garnisonsschützenhaus“. „Das Konzept der Initiative ist ein schönes Signal nach außen, wie man so ein Projekt angehen kann“, sagt der Architekt Till Läpple. Das habe ihn und seine Mitarbeiter alle motiviert.

Das Garnisonsschützenhaus ist ein schwieriges Objekt

Und das obwohl die Architekten viele Stunden an unbezahlter Arbeit investiert haben. „Das ist echt Wahnsinn. Das haben wir völlig unterschätzt“, sagt die Architektin Jana Kronawitt von Strebewerk. Mehrere Monate hat das Büro die Schäden an dem kulturhistorisch bedeutsamen Gebäudeensemble dokumentiert, eine Kostenschätzung erstellt und zuletzt die Bauvoranfrage eingereicht. „Das war die Hauptarbeit“, ergänzt sie. Denn das Garnisonschützenhaus – gelegen zwischen Degerloch und Stuttgart-Süd – birgt zahlreiche baurechtliche Hürden. Es befindet sich inmitten eines Landschaftsschutzgebietes, die letzte genehmigte Nutzung ist – nun ja – ein Garnisonsschützenhaus. Das ist allerdings über 100 Jahren nim her. Seit fünf Jahren stehen die Gebäude leer. Deshalb ist das Nutzungsrecht erloschen. „Wir müssen nun wie bei einem Neubau vorgehen, aber dennoch den Denkmalschutz beachten“, sagt Kronawitt, die sich bei Strebewerk hauptsächlich um das Projekt kümmert.

Ein großer Teil der Arbeit ist geschafft. Die Bauvoranfrage liegt seit Ende Juli bei den zehn involvierten Ämtern zur Bearbeitung. Im Herbst soll der Gemeinderat darüber entscheiden, ob die Initiative ihr Konzept „Haus der Ruhe“ am Dornhaldenfriedhof umsetzen darf. Seit Frühjahr 2014 setzen sich Künstler, Kreative, Blogger und Kulturschaffende aus Stuttgart um den Sprecher Christian Dosch für den Erhalt des Hauses ein. Sie wollen dort Lesungen und Ausstellungen veranstalten und einen Ort zum „Innehalten, Einkehren und zur Besinnung“ schaffen, so Dosch.

Dass engagierte Bürger sich so ein Projekt vornehmen ist ungewöhnlich. Noch ungewöhnlicher ist, dass sie im Februar von der Stadt Stuttgart tatsächlich die Chance dafür bekommen haben. Bei der Bewerbung um die Nutzung des Gebäudes schnitt die Initiative zunächst nicht gut ab. Die Ämter bewerteten ihre Vorschläge kritisch, von vielen Seiten schlug der Initiative Skepsis entgegen. Letztlich konnten sich vor allem die Grünen, die SPD und die Fraktionsgemeinschaft SÖS-Die Linke-Plus für das Haus der Ruhe begeistern.

Inzwischen ist auch die Stadtverwaltung im Boot

Inzwischen honoriert aber laut Läpple auch die Stadtverwaltung den Einsatz der Ehrenamtlichen. Beim letzten Runden Tisch mit allen Beteiligten habe es großes Lob vom Liegenschaftsamt gegeben, sagt Läpple. „Es gibt keine Auflagen mehr, die das Konzept sprengen können.“ Er glaube nun fest an die Umsetzung des Projekts.

Offen ist noch die Finanzierung. Dies will Christian Dosch über eine Genossenschaft lösen. Dafür braucht es natürlich Bürger, die ihr Geld investieren. Wie viele dies sind, kann Läpple nicht sagen. Wichtig sei deshalb, dass die Stadt den zeitlichen Druck nehme. Im Moment gehe der Landeshauptstadt kein Geld verloren. Das Gebäude steht seit Jahren leer. Die Stadt hatte es auf die Verkaufsliste gesetzt. Dort fungierte das Garnisonsschützenhaus aufgrund seiner eingeschränkten Nutzungsmöglichkeit als Ladenhüter – bis die Initiative es im vergangenen Jahr entdeckte und aus seinem Dornröschenschlaf erweckte.

Strebewerk will die Sanierung übernehmen

Wenn die Genehmigung nun da ist, will Strebewerk die Arbeiten übernehmen. Ziel ist, den ursprünglichen Charakter des Gebäudeensembles wieder in Erscheinung treten zu lassen. Für Läpple sind Denkmäler Urkunden vergangener Zeiten, die viel zu erzählen haben. Deshalb fand er das Konzept der Initiative von allen eingereichten Vorschlägen am spannendsten. Sich dafür einzusetzen, sei keine Frage gewesen – auch ohne Bezahlung.