Gartenexperten erstellen lange Listen mit Aufgaben, die Monat für Monat zu erledigen sind. Aber wie sinnvoll ist das? Ein Plädoyer für mehr Gelassenheit.

Stuttgart - „Gartenpraxis Monat für Monat“, eine so lautende Rubrik ist beliebt in Gartenmagazinen und -Büchern. Sie zählen auf, was der Gartenbesitzer jeden Monat zu tun hat. Für den April wird verordnet, den Rasen durch Vertikutieren von Moos zu befreien, neue Stauden müssen gepflanzt werden und es wird Zeit, die vorgekeimten Kartoffeln zu pflanzen und bis Mitte Mai die gesamten Gemüsearten auszusäen. Nicht vergessen: die Kübelpflanzen aus dem Winterlager ins Freie räumen, aber nicht so abrupt, erst sollen sie abgehärtet werden.

 

Digitale Gartenhelfer

Der Gartenbesitzer schaut einfach auf die To-do-Liste und erhält seine Arbeitsanweisungen. Das ist einfach, dann muss man nicht selbst nachdenken, was zu tun ist. Besser noch wäre eine Verlinkung auf das Handy, auf dem dann mit einem „Ping“ die entsprechende Gartentätigkeit angezeigt wird, oder mit Alexa, Siri und anderen digitalen Freundinnen, die in ihrer warmen Stimmlage das Ausbringen des Rasendüngers anmahnen. Mal soll man den Obstbaum bremsen, dann wieder die Wildrosen zügeln.

Das falsche Hobby?

Doch wie geht das: „Hoooo, langsam, Roter Boskop“ und Brrrrr, stopp mal, du Hund von Hundsrose“? Und überhaupt: Wenn man diese Arbeitslisten liest, denkt man, wann schaffen das die Gartenbesitzer nur? So viel war schon im April zu tun, das geht im Mai so weiter. Das schaffe ich nie alles zu erledigen. Der Garten fordert ja mehr als mein Hund, jeden Tag will der Garten sein Herrchen sehen, verlangt Futter und Streicheleinheiten. Die lange Arbeitsliste macht ein schlechtes Gewissen – ergo: Ein Garten ist wohl nicht das richtige Hobby für mich. Oder man wird neidisch und will auch so einen tollen, gepflegten Garten haben. Dann stürzt man sich in die Arbeiten und klagt danach über den schmerzenden Rücken.

Lange To-do-Listen

Das Wort Gartenarbeit wird einfach zu oft benützt, manche schuften im Garten, als wäre es ein Fulltime-Job. Als hätte man mit reiner Handarbeit einen Resthof mit mindestens einem Hektar Gemüsefläche und Blumenbeeten zu beackern – für die Selbstversorgung bis in die Dillspitzen. Dabei soll doch gerade die Gartentätigkeit, das Werkeln, Garteln, Muße und Entspannung bringen. Und zwar nicht mit einer To-do-Liste, die von Monat zu Monat länger wird.

Ohne Zwang

Besser also, diese Arbeitsanweisungen eher als Vorschläge zu interpretieren. Man sollte aber schon wissen, warum man etwas tut und was man damit bewirken möchte. So wie das Umgraben der Gartenbeete – kann man machen, muss man aber nicht. Kompost zweimal umschaufeln – kann man machen, muss man aber nicht. Wildrosen zügeln – kann man machen, na, Sie wissen schon . . .