Heilbronn verbietet Steingärten. Was sagen die Politiker in den Rathäuern der Region dazu?

Leonberg - Wenn er durch Weil der Stadt spaziere, sehe er es immer öfter, berichtete der Stadtrat Wolfgang Fischer (Grüne) in einer Sitzung des Technischen Ausschusses im September. Gärten, die mehr einer Steinwüste gleichen als einem grünen Idyll. Bezeichnungen gibt es dafür einige: Schottergärten, Schotterschüttung, Steinöde oder auch einfach nur: „Gärten des Grauens“, wie sie ein Berliner Biologe nennt und auf Facebook Bilder von den schönsten Beispielen sammelt. Wöchentlich bekommt er mehr als 100 Fotos zugeschickt.

 

Wolfgang Fischer behagt das überhaupt nicht. „Wenn wir schon Natur bebauen, dann sollten wir wenigstens dafür sorgen, dass die Bauherren ihre Gärten nicht in Steinwüsten verwandeln“, forderte er in der TA-Sitzung und verwies auf Heilbronn.

In der Tat: Zumindest in Neubaugebieten sind Steingärten dort verboten. In den Bebauungsplänen für die Gebiete Neckarbogen-Ost vor zwei Jahren und in diesem Jahr für das Gebiet Klingenäcker hat die Stadt auf der Grundlage der Landesbauordnung festgeschrieben: „Lose Stein-/ Materialschüttungen sind nicht zulässig.“ Auch für die Zukunft gelte: „Die Stadt Heilbronn beabsichtigt, in weiteren Bebauungsplänen solche Gebote aufzunehmen“, sagt ein Sprecher der dortigen Stadtverwaltung.

Leonberg will das Verbot umsetzen

Wie sagt man dazu in den Rathäusern in der Region? Leonberg hat die gleichen Pläne, gibt Stadtsprecher Tom Kleinfeld auf Nachfrage bekannt. „Bei der Bebauungsplanung zu Neubaugebieten legen wir künftig ebenfalls großen Wert darauf, dass keine Steingärten angelegt werden dürfen“, erklärt er. Aktuell arbeite man daran, in den Bebauungsplan des TSG-Areals an der Jahnstraße eine solche Regelung miteinfließen zu lassen. Am Ende muss der Leonberger Gemeinderat dann darüber entscheiden.

Vorsichtiger ist man dagegen in den anderen Stadtverwaltungen. „Wir schließen Steingärten in den Bebauungsplänen nicht extra aus“, sagt die Renninger Rathaussprecherin Marlies Delago. Solche Gärten gebe es in Renningen nur vereinzelt und wenn, dann erstreckten sie sich nicht über die komplette Vorgartenfläche, beobachtet das dortige Stadtbauamt . „Deshalb kam bei uns bis jetzt noch nicht der Wunsch auf, eine derartige Gartengestaltung zu unterbinden“, sagt Delago.

In Weil der Stadt sieht man das ähnlich. „Wir haben uns als Stadt damit noch nicht intensiv beschäftigt, weil das hier im ländlichen Bereich kein auffälliges Problem ist“, sagt der Beigeordnete Jürgen Katz. Vereinzelte Schottergärten gebe es, aber ein flächendeckendes Problem sei es nicht, sagt Katz, der selbst Landschaftsarchitekt ist. „Die meisten Leute haben noch richtige Pflanzen im Garten.“ Er plane daher nicht, Verbote in Bebauungspläne – etwa für das Neubaugebiet Häugern – aufzunehmen.

Nabu sieht Auswirkungen auf das Klima

Neben der Ästethik spricht vor allem die Ökologie gegen die steinerne Art der Gartengestaltung. Darauf weist zum Beispiel der Nabu hin. Denn gerade Vorgärten und kleine Grünflächen hätten eine besondere Bedeutung für die Artenvielfalt und das Klima in der Stadt. Sie bilden ökologische „Trittsteine“ für Pflanzenarten, Insekten und Vögel, die auf der Suche nach Nahrung und Nistplätzen von Trittstein zu Trittstein wandern. Nabu-Gartenexpertin Marja Rottleb plädiert daher für eine regionale Bepflanzung. „Heimische Pflanzen brauchen auch weniger Pflege“, berichtet sie.

Beim Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Baden-Württemberg, der die Gärtnerbetriebe vertritt, engagiert man sich ebenfalls gegen Steingärten. Der Verband hat die Initiative „Rettet den Vorgarten“ ins Leben gerufen. „Ein gärtnerischer Anspruch ist mit den Steingärten nicht mehr vorhanden“, sagt der Referent Marco Borke. „Jeder kann sich Vlies kaufen und Steine darauf schütten.“

Natürlich könne der Verband seinen Mitgliedern diesbezüglich keine Vorschriften machen: „Aber wir können sie informieren, was sie damit verursachen und welche Folgen das für das Kleinklima hat.“

Ein Verbot hält Marco Borke allerdings trotz aller Kritik für übertrieben. Sein Verband setze stattdessen auf einen Leitfaden, den man den Betrieben zur Verfügung stelle. Eine Umfrage habe ergeben, dass für die meisten Besitzer von Schottergärten der Aspekt eines pflegeleichten Gartens ausschlaggebend sei, berichtet Borke. Er spricht von „der Mär vom pflegeleichten Garten“, denn dieses Argument treffe seiner Erfahrung nach überhaupt nicht zu. Es bilde sich Unkraut, dem man zu Leibe rücken müsse.

Pro und Kontra

Ist es sinnvoll, Steingärten zu verbieten? Darüber streiten sich unsere Kollegen Martin Willy und Norbert Burkert.