Die in Mülheim zwischengelagerte Gasturbine könne jederzeit nach Russland gebracht werden, sagt Bundeskanzler Olaf Scholz. Altkanzler Gerhard Schröder erhebt unterdessen Vorwürfe gegen Siemens.

Seit Wochen rätselt Deutschland: Wo befindet sich die Turbine, von der Russland behauptet, an ihr hänge die Wiederherstellung der Gasversorgung über Nord Stream 1? Nach Angaben von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ist die Turbine seit dem 18. Juli in Deutschland. Gazprom behauptet, nötige Papiere würden nicht vorliegen. Habeck erklärte, er habe die Papiere selbst in der Hand gehabt.

 

Kanzler Olaf Scholz SPD) präsentierte die Maschine dann am Mittwoch höchstpersönlich. Mit seinem Besuch im Werk von Siemens Energy in Mühlheim an der Ruhr, wo die Turbine zwischengelagert ist, wolle er die Debatte „entmystifizieren“, sagte Scholz. Er habe sich gedacht, es wäre vielleicht ganz sinnvoll, „wenn wir uns sie mal gemeinsam anschauen, damit man sieht, es gibt sie wirklich, sie steht hier, sie ist einsatzbereit“.

Scholz betonte, dass die Turbine jederzeit geliefert werden könne: „Es muss nur jemand sagen: Ich möchte sie haben, dann ist sie ganz schnell da.“ Regierungssprecher Wolfgang Büchner wies auf „fehlende Angaben der russischen Seite“ hin, die gebraucht würden, um zu wissen, wohin genau die Turbine geliefert werden soll. Laut Bundesregierung handelt es sich um eine „Ersatzturbine“. Für den vollen Betrieb der Ostseepipeline sind fünf große Turbinen und zwei kleinere nötig. Mit den Turbinen werden Kompressoren angetrieben, die den für den Gastransport nötigen Druck aufbauen Derzeit läuft von den großen Turbinen nur eine. „Deswegen sind wir bei 20 Prozent Auslastung der Pipeline“, sagte Christian Bruch, Vorstandschef von Siemens Energie.

Die Bundesregierung weist ausdrücklich darauf hin, dass weder die Gaslieferungen noch die Lieferung der Turbine vom Sanktionsregime betroffen sind. In Kanada, wo die Turbine in einem Siemens-Werk gewartet wurde, hat die Lieferung nach Deutschland dagegen hohe Wellen geschlagen. Premierminister Justin Trudeau wird vorgeworfen, die eigenen Sanktionsbestimmungen umgangen zu haben. Auch in Kiew gibt es Verstimmungen. Für Scholz entbehrt die Kritik an Trudeau „jeglicher Grundlage“. Es handele sich „wohl kaum um eine Gefälligkeit gegenüber Gazprom, sondern vielmehr um ein starkes Zeichen der Unterstützung für Deutschland und Europa.“

Auch Ex-Kanzler Gerhard Schröder mischt im Turbinen-Streit mit: Er sieht Siemens für die verzögerte Lieferung der Turbine an Gazprom in der Verantwortung. Auch die gedrosselte Gaszufuhr sei auf die fehlende Turbine zurückzuführen. Schröder glaubt an eine Verdoppelung der Gasströme, „wenn nur Turbine Nummer zwei“ verfügbar wäre. Gegenüber dem „Stern“ zeigte er sich davon überzeugt, dass die Drosselung der Gaslieferungen nicht politisch motiviert sei. Außerdem sprach er sich für die Inbetriebnahme von Nord Stream 2 aus. Schröder soll sich wieder mit Wladimir Putin getroffen haben. Das hat der Kreml bestätigt. Russland ist laut Schröder zu Friedensverhandlungen bereit, was die Einigung über ukrainische Getreidelieferungen beweise. Die Bundesregierung will die Reise nicht kommentieren. Ist sie von Schröder informiert worden? Regierungssprecher Büchner: „Meines Wissens nein.“