Schwäbische Klassiker, etwas verfeinert: auf der Terrasse des Gasthofs Riedsee speist es sich besonders schön. Seit dem Frühjahr hat das idyllisch gelegene Lokal einen neuen Besitzer.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Thea Bracht (tab)

Stuttgart - Traditionshaus mit Kegelbahn und Gästezimmern: diese Kurzbeschreibung ist korrekt und doch komplett irreführend. Statt zwischen bierseligen Gesellen speist man in bunter Gesellschaft. Mehrere Generationen sitzen im Gasthof Riedsee zusammen, am liebsten an lauen Sommerabenden auf der Terrasse. Von See kann streng genommen keine Rede sein. Das Gewässer unterhalb der Terrasse sieht eher aus wie ein Tümpel, aber das Abendlicht verleiht ihm so viel Glanz, dass man ganz verzückt aufs Wasser schaut.

 

Die Bedienung redet die Gäste freundlich-förmlich mit „Madame“ und „Monsieur“ an, fragt jedoch bei der Aufnahme der Bestellung nicht, ob das Fleisch blutig, rosa oder durch sein soll. Dafür stellt der Kellner den beiden Dackeln, die unterm Nachbartisch vor sich hindösen, eine große Schale mit Wasser hin. An die französische Anrede gewöhnen wir uns an diesem Abend nicht, freuen uns aber, wie umsichtig die Bedienung insgesamt agiert.

Im April hat Vaclav Kupar, der auch die Kilifi-Bar in Möhringen und einen Cateringservice betreibt, das Lokal übernommen. Die Terrasse wurde saniert, teilweise das Mobiliar ausgetauscht. Bevor Kupar 1997 nach Deutschland zog, hatte er lange in Prag gearbeitet. Der gebürtige Tscheche hat sowohl die Hotelfachschule besucht als auch eine Kochlehre absolviert. Selbstverständlich also, dass er jeden Tag mit in der Küche steht und die Speisen zusammenstellt. „Wenn ich etwas Interessantes auf dem Markt entdecke, passe ich die Karte an“, sagt er. Serviert werden regionale Gerichte mit mediterranem Touch. Nachmittags gibt es auch Kaffee und Kuchen.

Fünf Sterne für den Zwiebelrostbraten

Als Vorspeise wählen wir ein regionales Angebot: lauwarmes Denkendorfer Räucherforellenfilet auf buntem Linsensalat und Lembergerkaramell (8,50 Euro). Der Fisch ist fest und zugleich zart, wunderbar, zum Linsensalat wäre als Kontrast noch frischer Koriander fein gewesen. Bei der Tomatencremesuppe (5,50 Euro) hätte es etwas weniger Tomatenmark getan. Fünf Sterne in der StZ-Wertung verdient auf jeden Fall der Zwiebelrostbraten (18 Euro) in Rotweinsoße. Das Fleisch ist medium gebraten und tadellos, ebenso wie der Beilagensalat (2,50 Euro). Das Entrecôte von der Tageskarte (22,50 Euro) hingegen hätte kürzer garen dürfen. Außerdem hat man mit Pfifferlingen, die in einer relativ dünnen Soße serviert werden, gespart. Dieses Gericht ist für unseren Geschmack zu teuer, ansonsten ist die Küche mehr als solide. Für unseren nächsten Besuch empfiehlt Vaclav Kupar wärmstens Schäufele vom Schwäbisch-Hällischen Landschwein.

Für die Hunde am Nachbartisch gibt es übrigens noch einen Leckerbissen: feine Scheiben Schinken. Für sie ist der Gasthof eindeutig ein Fünf-Sterne-Restaurant.

Gasthof Riedsee Elfenstraße 120, Tel. 7 22 47 60, www.gasthof-riedsee.de. Geöffnet Mo bis Sa 11.30 bis 23 Uhr, So 11.30 bis 22 Uhr. Warme Küche: Mo bis Sa von 11.30 bis 14 Uhr und von 17.30 bis 22 Uhr, So von 11.30 bis 21 Uhr. Vesper und Kuchen täglich von 14 bis 17.30 Uhr. Der Mittagstisch kostet 7,90 Euro.

Die Bewertung:

Küche ***

Service ****

Ambiente ****

Die Beurteilung berücksichtigt auch das Preis-/Leistungsverhältnis. Das günstige Lokal um die Ecke wird nach anderen Kriterien bewertet als ein Sternerestaurant. Der Test gibt Aufschluss über die Tagesform der Küche.