Was zu Gartenschau und Fußball-EM möglich war, ist im Dauerbetrieb untersagt: Ein Gastronom schaut wegen Sicherheitsfragen in die Röhre – obwohl er einen Pachtvertrag der Stadt hatte.

Rems-Murr: Sascha Schmierer (sas)

Bei der Remstal-Gartenschau im Jahr 2019 galt der Biergarten am Rand von Weinstadt-Endersbach (Rems-Murr-Kreis) noch als willkommene Attraktion. Und auch bei der Fußball-Europameisterschaft im vergangenen Sommer hatten weder Baurechtsbehörde noch Remstal-Vermarkter etwas einzuwenden gegen einen Freiluft-Treffpunkt für die feiernden Fans. An der Birkelspitze sollten Wanderer, Radfahrer und Kanufahrer nach ihrer Tour gemütlich einkehren können – eine aus touristischer Sicht durchaus wünschenswerte und bei Besuchern sehr beliebte Anlaufstelle.

 

Nun allerdings will die Gastronomie im Grünen offenbar niemand mehr haben – weil es erhebliche Sicherheitsbedenken gebe, hat Weinstadts Oberbürgermeister Michael Scharmann den Betrieb untersagen lassen. Der Grund: Für dauerhaft genehmigungsfähig hält das Rathaus den Biergarten an der Birkelspitze nicht – obwohl die Stadt den unverhofft ausgebremsten Wirt noch im Frühjahr 2024 mit einem Pachtvertrag über immerhin fünf Jahre ausgestattet hatte, musste er Sonnenschirme und Biertisch-Garnituren jetzt vom Gelände räumen.

Beim Public Viewing zur Fußball-EM galt eine Ausnahmeregelung

Das klingt so kurios, dass der Sachverhalt einer näheren Erläuterung bedarf. Denn für König Fußball drückte im vergangenen Jahr auch der Gesetzgeber ein Auge zu. „Für das Public Viewing im Außenbereich konnte im Einzelfall eine Sondergenehmigung erteilt werden, die Ausnahmen von den sonst geltenden bau- und gaststättenrechtlichen Vorgaben ermöglichten“, klärt die OB-Referentin Susanne Herrmann auf.

Leer geräumt: Die Weinstädter Birkelspitze präsentiert sich inzwischen wieder ohne den umstrittenen Biergarten. Foto: Gottfried Stoppel

Für einen dauerhaften Biergartenbetrieb fehlte es an der Birkelspitze aber vor allem an den verkehrlichen Gegebenheiten. Wenn sich vor Kasse und Getränkeausgabe an schönen Sommertagen eine Warteschlange bildete, standen die durstigen Gäste buchstäblich auf dem durchs Areal führenden Radweg – keine Situation, bei der die Straßenverkehrsbehörde fröhlich in die Hände klatscht.

Sicherheitstechnisch fast ebenso heikel wie der Gang zum Getränkestand allerdings war der über die Straße führende Weg zum Klo. „Die Überquerung einer öffentlichen Straße zur Nutzung der Sanitäranlagen birgt erhebliche Risiken, die einem Dauerbetrieb entgegenstehen“, heißt es bei der Stadt Weinstadt.

Anwohner protestierten im Herbst 2019 gegen einen Biergarten im ehemaligen Steinbruch-Areal, das sich nur unweit der Birkelspitze in Endersbach befindet. Foto: Gottfried Stoppel/Archiv

Das Rathaus hatte im Bemühen um das touristische Aushängeschild sogar mit dem Gedanken gespielt, auf eigene Kosten die Rohre für Wasser und Abwasser zu verlegen, damit die Klohäuschen an einem besser geeigneten Standort aufgebaut werden können. Der Plan zerschlug sich aber wegen der sehr beengten Platzverhältnisse – und macht dem Biergartenbetrieb den Garaus.

Gastronom enttäuscht: Investition in Biergarten verpufft

Dass sich Gastronom Caner Parasevmez über die Kehrtwende ärgert, liegt auf der Hand. Schließlich war der Familienvater finanziell in Vorleistung gegangen und hatte unter anderem den als Food-Truck dienenden Container übernommen, der schon fünf Jahre zuvor bei der Remstal-Gartenschau im Einsatz war.

Gelohnt hat sich die Investition nur bedingt: Zwar war der neue Biergarten nach der Eröffnung brechend voll, vor allem die Spiele mit Beteiligung der deutschen Nationalelf lockten die Besucher in Scharen an. Doch nach nur einer Saison ist schon wieder Schluss mit dem Ausschank.

Nun wird die Birkelspitze wie vor der Biergarten-Planung als Aussichtspunkt mit Grillstelle zur Verfügung stehen – öffentlich zugänglich, aber eben nicht bewirtet. Die Anwohnerschaft am Rand von Endersbach dürfte über die Entwicklung nicht allzu traurig sein. Schließlich waren sie mit Protestkundgebungen und Unterschriftensammlung schon vor Jahren bei der Planung für die Remstal-Gartenschau gegen einen Biergarten im ehemaligen Steinbruch-Areal auf die Barrikaden gegangen – wegen Lärm, Grillfleisch-Geruch, nächtlicher Ruhestörung und in den Wohnstraßen parkenden Autos der Besucher.