Die drei Mohren an der Fassade sind abgebaut – mit ihnen verschwindet der umstrittene Restaurantname. Das Traditionslokal im Bohnenviertel heißt künftig Das Juwel. Queer-Wirtin Laura Halding-Hoppenheit eröffnet eine Bar nicht nur für die Community.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Die Pfarrstraße gilt als Grenze zwischen den einst zusammenhängenden Altstadtquartieren Bohnenviertel und Leonhardsviertel. Die kurze Strecke zwischen Katharinenstraße und Leonhardsplatz vermischt Geschichte mit Gegenwart wie kaum ein anderer Ort der Stadt. Hier läuft man direkt auf den Chor der Leonhardskirche zu, was den Namen Pfarrstraße erklärt.

 

Auf der einen Seite befindet sich das Züblin-Parkhaus, über dessen Zukunft immer noch nicht entschieden ist. Vis-à-vis sind Kneipen, Handwerksbetriebe und eine Galerie angesiedelt. Ein markantes Fachwerkhaus an der Nummer 23 ist momentan eingerüstet. Es ist das Gebäude des ehemaligen Restaurants Drei Mohren, das künftig nicht mehr so heißen wird. Der Name gilt nicht mehr als zeitgemäß und wird als „rassistisch“ kritisiert. Die drei Fassadenfiguren, die dem Lokal den umstrittenen Namen gaben, sind bereits verschwunden. Sie sollen nach dem Willen der Denkmalschützer einen neuen Platz im Stadtpalais oder im Haus der Geschichte erhalten.

Die 2018 eröffnete Tom’s Bar ist nun geschlossen

Die Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft (SWSG) saniert als Eigentümerin des Gebäude, für das ein neues Kapitel beginnt. Die Wirtin und Linke-Stadträtin Laura Halding-Hoppenheit übernimmt das ehemalige Restaurant als Pächterin. Darüber werden kleine Wohnungen vermietet. Frühestens Anfang Oktober will die Stuttgarter Clublegende an diesem Ort eine Bar mit dem Namen Das Juwel eröffnen. Sie freut sich auf die Außenplätze und auf eine deutliche Vergrößerung für sie. Wenige Meter weiter hat sie, ebenfalls an der Pfarrstraße, seit 2018 die viel kleinere Tom’s Bar geführt, die nun geschlossen ist. Der Mietvertrag dort ist gekündigt. Weil sie für ihre Gaybar, die nach dem queeren Künstler Tom of Finnland benannt war, keine Genehmigung für die Außengastronomie erhielt, wollte sie weg. In der Altstadt bleiben aber wollte die Trägerin des Bundesverdienstkreuzes unbedingt. Durch die Altstadt seien sie schon vor 40 Jahren nach dem Kings Club gezogen, erinnert sich die Wirtin, heute sei die Faszination noch viel größer.

Halding-Hoppenheit wollte die Mohren in Regenbogenfarben anmalen

„Die Altstadt erlebt eine neue Zeit“, sagt Laura Halding-Hoppenheit, „ich möchte an dieser kreativen Umgestaltung mitwirken.“ Wichtig sei ihr, „die Tradition zu bewahren und Neues auszuprobieren“. Ihre Galerie an der Pfarrstraße wird sie weiterführen und ist mutig genug, in einer nicht einfachen Zeit – Corona ist noch nicht überstanden – etwas Neues anzupacken. Ihre neue Bar soll „für alle“ sein, nicht nur für die queere Community. „Wir brauchen keine Trennung mehr“, sagt sie, „alles vermischt sich, das ist gut so.“ Die Schwulen müssten sich „nicht mehr in dunklen Kellern verstecken“. Halding-Hoppenheit hätte die Figuren der drei Mohren an der Fassade gelassen: „Ich hätte sie in Regenbogenfarben angemalt.“ Doch das Denkmalamt habe entschieden, sie einem Museum im Originalzustand anzuvertrauen.

Die Stadträtin mit den roten Haaren übernimmt einen gastronomischen Ort, an dem von 1990 an das Ehepaar Oberkamm, das heute das Augustenstüble im Stuttgarter Westen führt, Erfolge gefeiert haben Die Fachwerk-Fassade mit den Drei Mohren aus dem 16. oder 17. Jahrhundert stand ursprünglich an der Friedrichstraße. Als das Gasthaus dort abgerissen wurde, ist es im Bohnenviertel neu aufgebaut worden. „Dieses schöne Gebäude hat den Namen Juwel verdient, erst Recht nach der Sanierung“, findet die Wirtin, die ihr Alter nicht verrät und sich noch lange nicht zur Ruhe setzen will. Glücklich ist sie über die „tolle Zusammenarbeit mit der SWSG“. Die Stadt könne sich auf ein „Juwel der Altstadt“ freuen.