Die Sterne scheinen erst im Frühjahr auf, dafür gibt’s schon jetzt die Bewertungen vom Gastroführer „Gault Millau“. Und die sind ziemlich gut fürs Land: Insgesamt gab’s mehr Punkte für die Küchen im Südwesten. Den Coup landete David Höller vom Nova in Herrenberg, der in seinem ersten Jahr gleich 16 Punkte holte.

Stuttgart - Neben dem gravitätischen „Guide Michelin“, der für die Vergabe der Sterne zuständig ist, zählt der Gourmetführer „Gault Millau“ jährlich zu den wichtigsten Gradmessern der Spitzengastronomie. Bei der Bekanntgabe der Punkte diese Woche hagelte es abermals reichlich Lob für die Küchen aus Stuttgart, der Region und ganz Baden-Württemberg.

 

20 Punkte – angelehnt an das französische Schulsystem – kann sich ein Küchenchef maximal erkochen. Diese Punktzahl hat, wie schon in den Vorjahren, kein deutscher Koch erreicht. Halb so wild: Erstens wurde diese Bestmarke in der 50-jährigen Geschichte des Guide nur zweimal vergeben – einmal nach Frankreich und einmal in die Niederlande; zweitens ist sie in Deutschland kategorisch ausgeschlossen. Vervollkommnung, so heißt es in den Statuten, sei nun mal keinem Menschen vergönnt. Nicht einmal einem genialen Meisterkoch.

Das kulinarische Lourdes – mit Wein statt Weihwasser

Umso beeindruckender also mal wieder die satten 19,5 Punkte, die Torsten Michel von der Schwarzwaldstube in Baiersbronn abstauben konnte. So gut wie ihn bewertet der „Gault Millau“ in seiner neuen Ausgabe nur sieben weitere Köche in ganz Deutschland. Zugleich wurde Schwarzwaldstube-Maître David Breuer mit dem Titel „Gastgeber des Jahres“ ausgezeichnet. Da dürften gestern die Champagnerkorken geknallt haben. Ebenfalls zur obersten Spitze gehört weiterhin Claus-Peter Lumpp, der mit dem Bareiss (ebenfalls Baiersbronn) erneut 19 Punkte holt. Baiersbronn ist und bleibt das kulinarische Lourdes der Republik – mit Wein statt Weihwasser.

Im Großraum Stuttgart gibt es natürlich ebenfalls einige kulinarische Glanzlichter: Denis Feix aus der Zirbelstube im Hotel am Schlossgarten bleibt mit 17 Punkten bester Stuttgarter Koch des „Gault Millau“. Eine verdiente Ehrung, nach Ansicht vieler Experten kratzt Feix mit seinen präzisen, intensiven Kreationen schon länger an der Zwei-Sterne-Marke. Aber dass sich die Michelin-Tester oftmals sehr viel Zeit lassen, bevor sie etwas Offensichtliches würdigen, ist ja nichts Neues.

Hinter der Zirbelstube folgen mit 16 Punkten gleich eine ganze Reihe hochkarätiger Köche in und um Stuttgart – mit dabei auch Joannis Malathounis vom gleichnamigen Restaurant in Kernen-Stetten, weiterhin das einzige „griechische“ Restaurant mit Stern und in der Region zugleich der Sterneladen mit dem besten Preis-Leistungs-Niveau.

Aufsteiger und Überraschung: Das Nova in Herrenberg

Zu den Überraschungen und Aufsteigern in der Region zählt das noch immer recht neue Restaurant Nova in einem Industriegebiet von Herrenberg, wo David Höller (32) vom Gourmetführer ganz offiziell als Hoffnungsträger bezeichnet wird, zum Einstieg gleich 16 Punkte erhalten hat und sich in Zukunft wohl auf die eine oder andere weitere Ehrung gefasst machen kann. „Dafür, dass das meine erste Station als Küchenchef ist, ist das einfach super“, sagt Höller, „ich bin einfach sehr glücklich.“ Das Hupperts in Stuttgart, erst in diesem Jahr mit einem Stern ausgezeichnet, schafft es mit 15 Punkten erstmals in die Liste, auch der Schwanen in Nehren bei Tübingen (15) ist erstmals vertreten.

Ein wenig problematischer ist es da schon bei Richters Fine Dining, das mit 14 Punkten gelistet wird, das mittlerweile mit einem neuen gastronomischen Konzept an den Start gegangen ist. Immerhin kein neuer Skandalfall wie damals bei der Alten Vogtei in Köngen, als ein Michelin-Stern für ein längst geschlossenes Restaurant vergeben wurde . . .

Insgesamt zeigt die Tendenz im Ländle eindeutig nach oben: Auf zehn gestrichene Restaurants kommen 13 neu hinzugefügte, acht Restaurants wurden niedriger und ganze 22 höher bewertet als im Vorjahr. Bleibt abzuwarten, ob der im März erscheinende Guide Michelin mit seinen Sternen dieser Marschrichtung folgt oder ob es weitere positive wie negative Überraschungen zu vermelden geben wird. Denn dass die beiden Grandseigneurs der Gourmetführer gerne mal in ihren Bewertungen und Lieblingen stark divergieren, ist ein offenes Geheimnis.