Gastronomen sind in der Corona-Krise gebeutelt, bald müssen sie aber auch noch wetterbedingt auf ihre Terrassen verzichten. Außer, sie sorgen vor. Doch ob Heizpilze die Leute nach draußen locken, bleibt abzuwarten. Stimmen von der Filderebene.

Filder - Günter Panzenböck schleppt Küchengeräte. Die Zeit drängt. Am 2. Oktober muss alles fertig sein. Panzenböck eröffnet mit Holger Herbach das Naturfreundehaus Vaihingen. Seit Monaten hatte das Lokal am Büsnauer Rain leer gestanden. Eine Geschäftsübernahme gerade jetzt? Dem Mann mit den vielen Tattoos muss man nicht extra sagen, dass Gastronomen es seit Corona schwer haben. Er führt mit der Weinstube Unmüßig und dem Restaurant Schwarzbach zwei weitere Gaststätten im Bezirk. „Ich bin mutig, schwimme gern gegen den Strom“, sagt der 59-Jährige.

 

Dennoch schaut er dem Winter mit Unbehagen entgegen. Er weiß: Das gute Wetter hat vieles herausgerissen. Wer eine Terrasse hat, ist im Corona-Jahr im Vorteil. „Die Leute wollen raus, du kriegst sie schlecht rein. Die Angst sitzt vielen im Nacken“, sagt Günter Panzenböck. Was also, wenn das Wetter schlechter wird?

In Stuttgart wird der Einsatz von Heizpilzen als Möglichkeit gesehen, wenigstens etwas Druck von den Wirten zu nehmen. Nach einem Beschluss des Gemeinderats ist ihr Betrieb in der Wintersaison 2020/21 übergangsweise erlaubt.

So können sich Besucher besser verteilen

Auch außerhalb von Stuttgart liebäugeln Wirte mit etwas künstlicher Wärme von oben. Alfonso Greco etwa aus dem L’Unica in Echterdingen überlegt, zumindest ein paar Heizpilze anzuschaffen. Große Investitionen seien ihm indes zu unsicher. Immerhin: Das Lokal an der Hauptstraße verfügt über zwei Ebenen, so können sich Besucher drinnen besser verteilen. Greco sagt: „Ich bin überzeugt, dass die Gäste nach den besten Konzepten schauen werden.“ Die Stadtverwaltung will Wirten wie ihm jedenfalls keine Steine in den Weg legen.

Wie in Filderstadt auch gilt in Leinfelden-Echterdingen: Konkrete Anfragen von Gastronomen, die im öffentlichen Raum Heizpilze aufstellen wollen – auf Privatgelände brauche es keine Genehmigung –, sind in den Rathäusern noch nicht eingegangen, man werde sie aber, sollten sie denn kommen, wohlwollend prüfen. „Die Wirte haben eine ziemliche Durststrecke hinter sich“, sagt Gerd Maier, der Ordnungsamtsleiter.

Während die einen noch über das Für und Wider von Heizpilzen grübeln, haben andere sie längst. Im Außenbereich des Café del Sol in Bernhausen gibt es vier fest installierte Wärmeanlagen, „die Stammkunden kennen das“, sagt der Betriebsleiter Thomas Pausch. Der Vorteil für ihn: Sein Lokal ist Teil einer Kette mit mehr als 30 Filialen bundesweit. Ein Café del Sol gleicht dem anderen, in Filderstadt müsse man lediglich die Vorgaben aus der Zentrale umsetzen. „Ich fühle mich gut aufgehoben“, sagt er. Im Außenbereich habe man die Tische so weit auseinanderziehen können, dass Platz für „locker 300 Leute“ sei. „Wir können uns nicht beklagen“, sagt Thomas Pausch.

„Die Hoffnung stirbt zuletzt“

Vincenzo Pepe aus dem L’Inizio in Plieningen wiederum will sich nicht verrückt machen lassen. „Ich werde mich an die Regeln halten, aber ich mache nichts extra. In Deutschland ändern sich die Regeln jeden Tag“, sagt er. Schon jetzt kämen Gäste ins Lokal rein und fühlten sich wohl. „Wer Angst hat, dass ihn jemand ansteckt, muss daheimbleiben. Wir machen unsere Arbeit, und wer Lust hat, darf gern kommen“, sagt er. Heizpilze lehnt er indes ab. Das passe nicht zum Ambiente. „Wenn du schnell einen Hamburger essen willst, ist ein Heizpilz vielleicht okay. Aber wer schön essen will, setzt sich nicht unter einen Heizpilz“, glaubt er.

Auch Shkelzen Badalli aus den Möhringer Rembrandtstuben sieht dem Herbst positiv entgegen. Schon jetzt speise das vorwiegend ältere Publikum auch im Innenbereich, „das funktioniert“. Sorgen habe jeder in der Branche, aber man müsse die Situation nehmen, wie sie kommt. Shkelzen Badalli sagt: „Die Hoffnung stirbt zuletzt.“

Günter Panzenböck sorgt lieber vor. Auf der Terrasse des Vaihinger Naturfreundehauses verlegt er Kabel für Elektro-Heizstrahler, auch mobile Wände sind geplant. „Man muss vorwärtsdenken“, sagt der Gastronom. Bei seinem anderen Lokal, dem Schwarzbach, könne er sich ein Zelt vorstellen. Ziel: möglichst lang draußen bewirten. Ob sich solche Investitionen rechnen, etwa durch die Stromkosten, weiß er noch nicht, dennoch gibt sich Günter Panzenböck kämpferisch. „Ich trotze Corona.“