In der Pandemie dürfen sich Wirte auf Gehsteige und Radwege ausbreiten. Einem Griechen aber will die Stadt die Konzession entziehen, wenn er die überdachte Außenfläche nicht schließt. „Eine Institution soll platt gemacht werden“, klagt Rezzo Schlauch.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Seit 31 Jahren ist das griechische Restaurant Ilysia an der Möhringer Landstraße 100 in Vaihingen eine beliebte Adresse für Freunde der mediterranen Küche. Selbst Kanzlerin Angela Merkel war schon da. Der Ur-Grüne Rezzo Schlauch ist häufig Gast, gern auch mal mit seinem Parteifreund Fritz Kuhn, dem Stuttgarter OB.

 

Ausgerechnet jetzt, da nach der coronabedingten Zwangspause die Restaurants unter Einhaltung strenger Hygienevorschriften öffnen dürfen und die Empfehlung lautet, man möge nach draußen gehen, wo die Ansteckungsgefahr geringer ist als drinnen, bekam der Wirt am Wallgraben Post aus dem Rathaus. Das Baurechtsamt schreibt darin, man gehe davon aus, dass der griechische Gastronom die „Nutzung der überdachten Außengastronomiefläche nicht mehr aufnehmen wird“. Denn diese sei „im Hinblick auf die nicht eingehaltenen Brandschutzvorschriften, die Abstandsflächenvorschriften, die fehlende Lärmimmissionsprognose offensichtlich rechtswidrig und damit unzulässig“. Bei Missachtung dieser Anordnung droht dem Wirt der Entzug der Konzession. Der frühere Staatssekretär Rezzo Schlauch versteht die Welt nicht mehr. Warum knöpft sich das Baurechtsamt ausgerechnet jetzt einen alteingesessenen Wirt vor, der „in Zeiten von Corona bekanntermaßen mit dem Rücken zur Wand steht“.

Rezzo Schlauch erbost über Stadt

Der Grüne wirft dem Rathausbeamten eine „durch und durch bürgerfeindliche und für den Gastwirt existenzbedrohende Androhung“ vor. Obendrein sei diese angedrohte Zwangsmaßnahme verfrüht. Anwalt Schlauch: „Ein verwaltungsgerichtliches Verfahren läuft schließlich noch, und es wäre ohne weiteres möglich, eine rechtskräftige Entscheidung des Gerichts abzuwarten.“

Der langjährige Grünen-Politiker verweist auf die Duldung der städtischen Gaststättenbehörde von 2017, wonach der Wirt die Außenfläche mitsamt der Überdachung nutzen darf, solange keine höchstrichterliche Klärung vorliegt. Offensichtlich weiß im Rathaus die eine Hand nicht, was die andere macht. Schlauch verweist auf die Pandemie, die bei Entscheidungen der Stadt immer an erster Stelle steht: „Es weiß mittlerweile jeder, dass die Außengastronomie für Restaurantbesucher weit weniger Gefahren für eine Infizierung in sich birgt als geschlossene Räume. Deshalb werden andernorts großzügige Ausnahmen gemacht.“ Während sich in der City die Gastronomen auf öffentliche Flächen ausdehnen dürfen, soll der Grieche im Wallgraben nicht mal seine Außenfläche, die ihm gehört, nutzen dürfen.

Rechtliche Lage eindeutig – so die Stadt

Stadtsprecher Sven Matis hält dagegen. „Aus rechtlicher Sicht ist die Lage eindeutig. Der Bebauungsplan sowie die Landesbauordnung erlauben dort keinen Außenbereich. Das Baurechtsamt hat den Betreibern die Vorgaben immer wieder deutlich gemacht.“ Auch das Regierungspräsidium teile diese Einschätzung. Nun einen Zusammenhang mit dem Coronavirus zu konstruieren, sei aus Sicht des Baurechtsamtes zurückzuweisen, erklärte Matis weiter. „All die Punkte, die das Baurechtsamt beanstandet, sind seit 2017 nicht mehr relevant“, sagt Matthias Filbinger, der Vorsitzende des Bundes der Selbstständigen in Vaihingen. Man habe sich damals mit der Gaststättenbehörde geeinigt.

Filbinger warnt davor, Fakten zu schaffen, bevor die Verwaltungsrichter entschieden haben und kündigt eine Landtagspetition an. Schon bei der Übernahme des Wirts im Jahr 1989 habe es einen Pavillon gegeben, der über all die Jahre ohne Beanstandung genutzt werden konnte. Der Bebauungsplan werde auch in der Nachbarschaft seit Kriegsende nicht hundertprozentig befolgt, dagegen gehe die Stadt aber nicht vor. Rezzo Schlauch sieht es so: „Es steht außerhalb jedem Verhältnis, wenn ein Steinwurf entfernt riesige industrielle Baukörper erlaubt sind und ein Pavillon, der kein fester Baukörper ist, verschwinden soll.“ So entstehe der Eindruck, „den Großen rollt man den Teppich aus, die Kleinen aber bekommen Knüppel zwischen die Beine“.