Wohnmobil-Dinner finden auch in Baden-Württemberg bei Gastronomen und Gästen großen Anklang. Verbände der Branche stehen der Idee jedoch gespalten gegenüber – Sorgen bereiten vor allem Ahndungen durch Ordnungsämter.

Volontäre: Annika Mayer (may)

Stuttgart - Mit dem Wohnmobil zum Restaurant fahren, per Telefon das Essen bestellen und kontaktlos serviert bekommen – das ist das Konzept der Wohnmobil-Dinner. Auf diese Weise wollen Gastronomen unter Einhaltung der Hygieneregeln ihren Betrieb zumindest teilweise in der Pandemie am Laufen halten. Bekannt wurde die Idee der ungewöhnlichen Dinner durch die Baden-Württembergerin Silja von Garn. Im November des vergangen Jahres habe sie beschlossen, die Angebote für Wohnmobil-Dinner zu sammeln, heißt es auf der Seite „womo-explorer.de“, dem Anbieter, bei dem sich Betreiber listen lassen können. Dort werden auch die Angebote der Gastronomen zusammengestellt und in einer Karte visualisiert. Silja von Garn gründete zudem eine Facebook-Gruppe, die mittlerweile bereits 40.000 Mitglieder hat.

 

Lesen Sie hier: Schick essen gehen trotz Corona

Wohnmobil-Dinner sind auch in Baden-Württemberg beliebt. Nach dem Stand vom 24. März gibt es laut Ilja Becker von „womo-explorer.de“ 362 Angebote im Südwesten. Momentan habe die Plattform großen Zuwachs an Gastronomen, die ein Wohnmobil-Dinner anbieten wollen: „Wir bekommen täglich zehn Anfragen, am Wochenende sogar mehr“, sagt Becker. Auch das Interesse bei potenziellen Gästen sei groß. Seit dem ersten Januar wurden die Angebote von baden-württembergischen Gastronomen 73.500 Mal auf der Seite angeklickt, in den sieben Tagen vor dem 24. März lagen die Klickzahlen bei etwa 8400. „Es kommt gut an, weil die Menschen so ihr Lieblingsrestaurant besuchen können“, erklärt er. Die Wohnmobil-Dinner würden den Gastronomen helfen: „Viele können wieder ihre Mieten und zumindest teilweise ihre Gehälter zahlen.“

Gastronomie-Verbände sehen Vorteile, aber auch Probleme

Auch Thomas Goerke vom Verband der Servicefachkräfte, Restaurant- und Hotelmeister (VSR) Baden-Württemberg betrachtet Wohnmobil-Dinner als kleinen Baustein, um den Betrieben zu helfen. „Die Gastronomie braucht jeden Umsatz, der im Moment zu machen ist.“ Durch das Konzept könnten Gastwirte ihre Leistung an die Gäste heranbringen. Goerke denkt, dass in Zukunft noch mehr Gastronomen auf die Idee zurückkommen werden, wenn das nötige Equipment und genügend Mitarbeiter vorhanden sind.

Weniger optimistisch blickt Tobias Zwiener vom Hotel- und Gaststättenverband „Dehoga“ Baden-Württemberg auf die Idee. Zwar sei grundsätzlich alles gut, was den Betrieben die Möglichkeit gebe, zu wirtschaften, erläutert er. Jedoch glaubt er nicht, dass sich diese Idee lange halten kann. „Die Zahl der Ordnungsämter, die Wohnmobil-Dinner verbieten, nimmt zu“, erklärt Zwiener. Laut ihm kann es sich um eine Umgehungstat in Bezug auf die Corona-Verordnung handeln, wenn man ein Wohnmobil abstellt und dafür Bewirtung anbietet. Die Rückmeldungen der Gastronomen hätten gezeigt, dass es oft nicht akzeptiert werde, dass das Servicepersonal das Essen zum Fahrzeug bringe. Manche Ordnungsämter würden es zudem ahnden, wenn sich die Wohnmobile in einem bestimmten Radius um die Gaststätte aufhalten, so Zwiener.

Corona-Verordnung muss beim Dinner eingehalten werden

Wie das Ordnungsamt Stuttgart erklärt, seien Wohnmobil-Dinner zulässig, wenn sie sich an die Corona-Verordnung halten. Nach Auffassung der Behörde handele es sich um einen Lieferservice, solange außerhalb der offiziellen Fläche der Gastgewerbe gegessen werde. „Das Verspeisen vor Ort ist unzulässig“, so das Ordnungsamt. Aktuell können Wohnmobil-Dinner geahndet werden, wenn es sich um ein gastgewerbliches Angebot handelt oder gegen das Ansammlungsverbot und die Hygieneauflagen verstoßen wird. Laut dem Sozialministerium muss im Einzelfall entschieden werden, ob das Konzept mit der Corona-Verordnung konform ist. „Es ist auf jeden Fall zulässig, mit dem Wohnmobil Essen abzuholen oder es dorthin liefern zu lassen, um es dann daheim zu verspeisen“, teilt das Ministerium mit.

Der Dehoga weist die Gastronomen, die beim Verband Fragen zu den Wohnmobil-Dinnern stellen, auf mögliche Probleme hin. „Sie sollen sich mit dem Ordnungsamt abstimmen und schriftlich bestätigen lassen, dass sie das machen dürfen“, meint Zwiener. Auch aus wirtschaftlicher Sicht können Wohnmobil-Dinner seiner Meinung nach den Gastronomen in der Fläche nicht helfen. „Die Komplettschließung wird so nicht kompensiert, es kann nur etwas zum Umsatz beisteuern“, erklärt er. Das bestätigt Thomas Goerke vom VSR: „Das wird die Gastronomie sicher nicht retten.“ Allerdings sei es laut Tobias Zwiener gut, die Restaurants am Laufen zu halten. „Für die Betriebe ist es wichtig, den Gästen zu zeigen, dass es sie noch gibt.“