Spannende Neueröffnungen, ein riesiges Potenzial: der Bismarckplatz rüstig gastronomisch auf. Mit Tarte und Törtchen, Piloni und Metzgerei könnte sich der Bismarckplatz zum Lieblingsort aller Stuttgarter entwickeln.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

Stuttgart - Im Westen schielt man ja schon länger etwas neidisch gen Süden. Auf den Marienplatz nämlich, der ja längst als der hippste Platz der Stadt gilt. Attraktiv geworden ist das örtliche Aushängeschild des Südens aber nicht aufgrund der hübschen Betonfläche dort. Vielmehr ist es die gastronomische Vielfalt, die das Quartier rund um den Marienplatz so attraktiv gemacht hat. Café Kaiserbau, Galao oder Condesa machen mit der Pizzeria L.A. Signorina, dem Afrikaner Madagaskar oder dem Noir an der Tübinger Straße manch optischen Makel wett.

 

Der Bismarckplatz rüstet gastronomisch kräftig auf

Der Marienplatz ist über Stuttgarts Stadtgrenzen hinaus zum Anziehungspunkt geworden. Das könnte in diesem Jahr auch mit dem Bismarckplatz im Stuttgarter Westen passieren, der rüstet nämlich gastronomisch kräftig auf. Den Startschuss hat im November Aline John gegeben. Die 29-Jährige hat ihre kleine Patisserie „Tarte und Törtchen“ an der Gutbrodstraße 1 um ein Café erweitert. Die gelernte Konditorin hat sich mit ihren Miniaturtörtchen längst eine riesige Fangemeinde erbacken. Ihre Kunstwerke tragen Namen wie Rotlicht, Leidenschaft und Bohème und verführen auch optisch zur Sünde. „Anfangs wurden wir komplett überrannt“, so das Fazit von John knapp zwei Monate nach der Eröffnung. Aus ihrer Sicht dürfte es also ruhig noch ein paar Cafés mehr geben in der Ecke.

Ihr Wunsch wäre auch fast erfüllt worden: Die beiden Stuttgarter Bastian Sommer und Marcel Jetter hatten am Bismarckplatz ein Wiener Kaffeehaus geplant. Das Projekt ist aber aufgrund von Unstimmigkeiten zwischen den beiden gescheitert Hausbesitzer Demir Demiri hat inzwischen eine neue Lösung. „Ein Kaffeehaus wird es leider nicht“, sagt Demiri. Sein neuer Pächter plane ein Restaurant mit gehobener, mediterraner Küche. Kaffee und Kuchen sollen dennoch auf der Karte stehen.

Aline John freut sich über jede Neueröffnung. „Der Bismarckplatz kann wirklich mehr vertragen.“ Schöner werden könne er übrigens auch. Deshalb habe sie sich fleißig an der Bürgerinitiative zur Neugestaltung des Bismarckplatzes beteiligt. Im Jahr 2018 sollen dort Sanierungs- und Verschönerungsarbeiten beginnen.

Gastronomisch schöner ist es seit Anfang November bereits dank Giuseppe Ferlauto und Vincenzo Napoli, die mit ihrer Trattoria Piloni an der Bismarckstraße 34 an den Start gegangen sind. Ferlauto und Napoli haben lange gemeinsam im Mezzogiorno gearbeitet; Ferlauto als Kellner, Napoli als Koch. Die Aufteilung behalten sie im Piloni bei und setzen auf klassische italienische Küche: Pizza, Pasta, Tiramisu.

Viele Gäste sind ihnen gefolgt. An einem Samstagabend im Januar ist die Trattoria voll besetzt. Die Gäste stehen Schlange. Ferlauto und Napoli schieben den Erfolg auch auf die besondere Lage. „Der Westen hat ein gutes Publikum“, so der Eindruck von Vincenzo Napoli. Den Schritt in die Selbstständigkeit haben sich die beiden Wirte seit Jahren gewünscht, ganz einfach war er nicht. „An manchen Tagen denke ich ‚mamma mia’, was habe ich getan“, sagt Ferlauto. Ergänzt aber: „Ich muss trotzdem dankbar sein für ein Objekt in dieser Lage.“

Die „Metzgerei“ wird mit Spannung erwartet

Den Bismarckplatz schätzt er. Auch die Vielfalt dort, sagt er. Und meint: Nur ein paar Schritte weiter ist in der Vogelsangstraße 41 der Spanier „Er Vaquita“. Gutbürgerliches gibt es bei der Hausnummer 50 beim „Spätzleschwob“. Gastronomie bereichere sich immer gegenseitig. Aber auch er sieht noch Luft nach oben. Über die beiden Neueröffnungen freut er sich ebenfalls. „Ich wünsche mir, dass es hier wird wie am Marienplatz“, sagt Napoli.

Diesen Traum hat auch Belgin Yogurtcu. Mit ihrem Ehemann Yilmaz hat die Lumen-Geschäftsführerin nun ein neues Projekt initiiert. Voraussichtlich im April eröffnet das türkische Ehepaar am Bismarckplatz in der ehemaligen Metzgerei Häderle, Elisabethenstraße 30, ihr zweites Lokal. Der Name „Metzgerei“ bleibt, sagt Yilmaz Yogurtcu, weil er auch künftig gut passe. Er und seine Frau setzen weiterhin auf internationale Küche, aber eben mit dem Fokus auf Fleischgerichte.

Rund um den Bismarckplatz ist das Ehepaar schon lange zu Hause – zuerst mit einer Kneipe im Bismarckhaus, seit September 2013 mit dem „Lumen“. Eingerichtet im Retrostil mit Blümchen auf den Tischen und Mobiliar vom Flohmarkt lockt es laut Besitzerin vornehmlich Studenten und junge Akademiker an. Das wünscht sie sich auch für die „Metzgerei“. Als Steakhouse möchte es die 37-Jähriger aller Gerüchte zum Trotz deshalb nicht bezeichnen. „Der Begriff ist mir zu altbacken“, sagt sie. Und das geht natürlich gar nicht. Man will ja hip sein. Wie am Marienplatz eben.