Am Schillerplatz herrscht wieder Barbetrieb, währenddessen lässt der Schattenbruder, die Weinbar des städtischen Weinguts in der Breiten Straße, auf sich warten.

Am Schillerplatz hat ein alter Bekannter wieder seine Tätigkeit aufgenommen: Mark Stichler schenkt in den ehemaligen Räumen der Weinhandlung Kreis seit rund zwei Wochen Wein aus. In dem Geschäft in der Dorotheenstraße 2 werden allerdings keine Flaschen mehr verkauft, sondern Backwaren. Ines Grau ist dort mit einer ihrer Brothandlungen eingezogen – und dem Plan, dort auch Wein anzubieten. Dafür lässt der Schattenbruder in der Breiten Straße auf sich warten. In der Vinothek vom Weingut der Stadt Stuttgart sollte es vor genau einem Jahr mit dem Ausschank der Weine losgehen. Doch die Verwaltung kam bisher nicht dazu, den Betrieb zu genehmigen.

 

Der Weinexperte ist bei der Bäckerei angestellt

Am Schillerplatz herrscht bei Sonnenschein wieder eine Stimmung wie zu Vor-Corona-Zeiten. Mit Weingläsern in der Hand tummelten sich Grüppchen und Paare vor dem Laden oder saßen unter dem Denkmal des Dichters. Für Mark Stichler hat sich eigentlich nur der Arbeitgeber verändert: Der Sommelier ist jetzt bei Ines Grau angestellt, die Fellbacher Unternehmerin wollte in der Weinbar hauptsächlich die Tropfen ihrer Bekannten Moritz Haidle und Rainer Schnaitmann präsentieren. Aber ihr Mitarbeiter vom Fach hat das Angebot um Flaschen von der Weinhandlung Kreis und anderen Quellen erweitert. Er nennt es ein „kleines, feines Sortiment“ aus rund 15 Roten, Weißen und Roséweinen, die wie früher glasweise oder gleich als ganze Flasche zu haben sind.

Ein Studentenjob entfachte sein Interesse

„Stuttgart fehlte mir eben doch mehr, als ich mir das jemals hätte vorstellen können“, sagt Mark Stichler über die Rückkehr an seine alte Wirkungsstätte und seinen Geburtsort. Zuletzt war er in Lindau und Franken tätig, wegen der langen Lockdowns hatte Bernd Kreis seine Weinhandlung am Schillerplatz schließen müssen. Seine Zeit bei einem der besten Sommeliers Europas nennt Mark Stichler prägend und „einen Quantensprung“ für sich. Als junger Erwachsener lernte er bei Reisen durch Frankreich das Essen und den Wein kennen und lieben. Ein Studentenjob in einer Stuttgarter Weinhandlung entfachte sein Interesse an Wein endgültig und führte zu einer Ausbildung zum Weinfachberater. Trotzdem wurde er zunächst Redakteur und schreibt bis heute Krimis und Kinderromane. Mit einem Team, darunter später auch Deutschlands erste Mastersommelière Helga Schroeder, machte er dann die kleine Bar von Bernd Kreis zum Hotspot für alle Weinliebhaber.

Das Weingut wartet auf die Genehmigung

Ziemlich neidisch blickt Axel Musch auf den Trubel am Schillerplatz oder in der Calwer Straße vor dem Ausschank der Sektkellerei Kessler. Seit eineinhalb Jahren will der Event- und Produktmanager des städtischen Weinguts in der Breite Straße 4 eine Aperitivo-Bar eröffnen. Der Name Schattenbruder ist inspiriert von einem Gedicht von Ludwig Uhland über die damalige Gaststätte „Zum Schatten“, wo sich der Stammtisch der Schattenbrüder traf. Auf der Webseite ist noch der 1. April 2021 als Eröffnungstag angekündigt. Eigentlich ist alles bereit, Massivholztische wurden für den Außenbereich angeschafft. „Wir wollen die Weinkultur in der Stadt fördern“, sagt Axel Musch. Doch die Genehmigung fehlt nach wie vor.

Bald soll es am Wochenende Häppchen geben

„Durch die Coronapandemie und die damit verbundenen Einschränkungen hatte die Eröffnung keine Priorität“, erklärt der Rathaussprecher Martin Thronberens den ausstehenden Start des Schattenbruders. Außerdem seien verschiedene Bauarbeiten im direkten Umfeld der Vinothek dazu gekommen. Die Weinbar benötige noch eine Konzession, bestätigt er, die werde „in Kürze beantragt“. Der Zeitpunkt der Eröffnung sei dann davon abhängig. Wein und kleine Happen soll es donnerstags und freitags von 18 bis 22 Uhr und samstags von 12 Uhr an geben.

Die Rückkehr war „ein glücklicher Zufall“

Dank der Bäckerei im Hintergrund kann Mark Stichler ebenfalls etwas gegen den kleinen Hunger bieten. Mittwochs bis samstags bedient er die Bar von 14 bis 22 Uhr. Sie wurde ein bisschen umgebaut, aber die begehrten Plätze im Schaufenster blieben erhalten. „Es war ein glücklicher Zufall“, sagt er über die Kooperation mit Ines Grau und seine Rückkehr an den Schillerplatz.