Gastronomin mit Herz in Esslingen Von Eule und Kauz beflügelt: „Wenn ich ins Café komme, bin ich glücklich“

Evita Hamon hat vor einigen Jahren das Café Kauz in Esslingen eröffnet. Sie kann sich keinen schöneren Arbeitsplatz vorstellen. Foto: Roberto Bulgrin

Eigentlich wollte Evita Hamon nur ein bisschen Kaffee anbieten. Doch mit ihren Ideen und ihrer offenen Art traf sie einen Nerv. Inzwischen ist sie eine Institution in Esslingen – mit dem Café Hibou auf dem Wochenmarkt und dem Café Kauz in der Bahnhofstraße.

Wenn sie am Fenster ihres Cafés sitzt, dauert es nicht lange, bis ein Passant oder eine Passantin ihr grüßend zunickt oder freudig winkt. Evita Hamon winkt und nickt lächelnd zurück – auch wenn sie gerade in ein Gespräch verwickelt ist. Die halbe Stadt scheint die freundliche Frau zu kennen, die vor zwölf Jahren mit ihrem kleinen blauen Baristamobil auf dem Esslinger Wochenmarkt auftauchte und inzwischen ein Café in der Bahnhofstraße betreibt. „Ich bin eine echte Esslingerin“, sagt die Mittvierzigerin – dabei kommt sie ursprünglich aus Norddeutschland und lebt erst seit 16 Jahren im Schwabenland.

 

Doch für Hamon ist klar: „Esslingen ist mein Zuhause.“ Wenn man zwölf Jahre auf dem Wochenmarkt gestanden habe, dann kenne man Esslingen, sagt die Café-Betreiberin überzeugt. Ihre Augen leuchten, wenn sie über die Stadt und die Menschen spricht, die ihr ganz offensichtlich ans Herz gewachsen sind. Sie liebe Esslingen, seine Läden und vor allem seine Leute: „Ich finde meine Gäste toll, das sind so unglaublich nette Kunden“, schwärmt sie. Deshalb sei sie auch bereit, sich für ihr Umfeld zu engagieren: „Ich fühle mich verantwortlich für die Stadt“, sagt Hamon.

Treffpunkt auf dem Esslinger Wochenmarkt fehlte

Dabei war ihr Weg hier keineswegs vorgezeichnet. Als es sie und ihren damaligen Mann vor 16 Jahren in die Region Stuttgart verschlug, war Evita Hamon Vorstandsassistentin von Beruf. Das Paar hatte sich bewusst für Esslingen als Wohnort entschieden – doch trotz ihrer Begeisterung für die Stadt vermisste Hamon hier etwas. Denn in ihrer Heimatstadt Münster gebe es einen sehr schönen Wochenmarkt mit gastronomischen Angeboten, auf dem sie samstags immer gefrühstückt und sich mit Freunden getroffen habe. „Der Samstag war mein schönster Wochentag“, sagt Hamon. In Esslingen aber habe es auf dem Wochenmarkt gar keine Anlaufstelle zum Verweilen gegeben. „Da habe ich gedacht: Das mache ich selbst.“

Eigentlich wollte Hamon nur nebenher ein bisschen Kaffee und einen Treffpunkt zum Plaudern auf dem Wochenmarkt anbieten. „Ich wollte nie selbstständig werden“, betont sie. Doch mit ihrem Baristamobil, einer hellblauen Retro-Ape mit Namen „Café Hibou“, traf sie offenbar einen Nerv. Ihr Angebot auf dem Esslinger Wochenmarkt sprach sich schnell herum, die Kunden kamen und sorgten dafür, dass Hamon blieb. Bald schon war sie Teil des Vorstands im Marktverein, zwei Jahre lang sogar Vorstandsvorsitzende. Schließlich gelte: „Wenn man herumkritisiert, muss man auch Verantwortung übernehmen“, findet Hamon.

Gastronomin will sich in Esslingen engagieren

Ein politisches Engagement im engeren Sinne kann sie sich zwar nicht vorstellen. Aber sie wolle durchaus präsent sein, etwa bei Demos gegen Rechts. „Ich möchte nicht einfach nur labern, ich engagiere mich – aber im Rahmen meiner Möglichkeiten“, sagt Hamon. Die Gastronomin ist aber keine, die ihr Engagement an die große Glocke hängt. Als sie in der Coronazeit ihr Baristamobil am Esslinger Klinikum aufstellte und der Belegschaft dort als Dankeschön für ihre Arbeit auf eigene Kosten Kaffee ausschenkte, war es ihr Team, das sie drängte, das auch publik zu machen.

Schon seit Jahren schenkt Evita Hamon auf dem Esslinger Wochenmarkt Kaffee aus ihrem Baristamobil „Café Hibou“ aus. Foto: Roberto Bulgrin

Wenn sie jemandem helfen könne, dann tue sie das, sagt Hamon. „Es ist mein Ansporn, ein Stück zu Hause zu bieten und eine Anlaufstelle zu sein.“ Als sie merkte, dass das auf dem Wochenmarkt klappte, wagte sie es vor einigen Jahren, ein eigenes Café zu eröffnen: Das Café Kauz in der Esslinger Bahnhofstraße. Dort kann sie nun die ganze Woche über präsent sein. Sie liebe es, offen zu sein, ins Gespräch zu kommen und Menschen miteinander zu vernetzen, sagt die Café-Betreiberin, die fast immer ein Lächeln auf den Lippen hat. Offenbar wissen viele ihre offene und herzliche Art zu schätzen: „Wir bekommen viel mit hier“, sagt Hamon – auch schwierige Situationen, etwa wenn Kunden krank seien oder Angehörige verlören.

Esslinger Backdamen kreieren Kuchen für das Café

Gleichzeitig versucht Hamon, Esslingerinnen in ihr Café einzubinden. So werden die Kuchen für das Café Kauz nicht etwa zugekauft oder von gelernten Fachkräften gefertigt, sondern von den sogenannten Backdamen direkt vor Ort gebacken. Die passionierten Bäckerinnen dürfen kreieren, was sie wollen. Einzige Vorgabe ist laut Hamon, dass es jeden Tag ein bis zwei vegane Kuchen geben soll – schließlich seien diese sehr gefragt. „Das Café bin nicht nur ich, das sind wir alle im Team“, betont Hamon. Auch das beflügelt sie: „Mir kann es wirklich schlecht gehen, aber wenn ich ins Café komme, bin ich glücklich.“ Auch wenn längst nicht alles so leicht sei wie es vermutlich aussehe: Es sei schwer, mit dem Café Geld zu verdienen, es sei schwer, so viel Verantwortung zu tragen und alles am Laufen zu halten. Dennoch: „Für mich ist es der schönste Arbeitsplatz, den ich mir vorstellen kann“, sagt Evita Hamon und strahlt.

Von der Vorstandsassistentin zur Café-Betreiberin

Selbstständigkeit
Zunächst betrieb Evita Hamon ihr Baristamobil auf dem Esslinger Wochenmarkt nur im Nebenjob an zwei Tagen die Woche. Doch als sie begann, mit dem Café Hibou auch bei Veranstaltungen zu bewirten und die Anfragen zunahmen, gab sie ihre Stelle als Vorstandsassistentin auf und machte sich selbstständig.

Café Kauz
Die positiven Erfahrungen auf dem Esslinger Wochenmarkt motivierten Evita Hamon, im Jahr 2017 das Café Kauz in der Bahnhofstraße zu eröffnen. Dort schenkt sie verschiedene Kaffeespezialitäten aus und bietet die Kuchenkreationen ihrer Backdamen an. Das Café Hibou ist aber weiterhin unterwegs – während der Umgestaltung des Marktplatzes allerdings voraussichtlich vorübergehend nicht mehr regelmäßig auf dem Wochenmarkt, der für zwei Jahre in die Bahnhofsstraße umzieht.

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