Beim Staatsbesuch in Israel trifft Bundespräsident Gauck den richtigen Ton und erntet Beifall. Er drückt seine Solidarität mit dem Land aus.

Jerusalem - Zwei, die sich verstehen: Harmonischer könnte es kaum zu gehen bei dem Empfang von Joachim Gauck in Beit Hanassi, der Residenz des israelischen Staatsoberhauptes. „Wir Deutschen bleiben an Ihrer Seite“, gelobt der Bundespräsident zum Auftakt seines Treffens mit Reuven Rivlin. Das gelte gerade in Zeiten von Terror und Gewalt. Meinungsdifferenzen wie etwa in der Siedlungspolitik könnten dieser Freundschaft keinen Abbruch tun. Joachim Gauck ist gekommen am Ende eines langen Jahres im Zeichen zahlreicher Festakte zum 50sten Jubiläum diplomatischer Beziehungen zwischen beiden Staaten. Sein Besuch ist sozusagen der krönende Abschluss auf präsidialer Ebene, nachdem Rivlin bereits im Mai in Berlin war. Der bekräftigt, Israel und Deutschland seien „für immer im Schmerz und in der Hoffnung miteinander verknüpft“.

 

Es hat viele Sonntagsreden gegeben, in denen dem besonderen, keineswegs selbstverständlichen Verhältnis Rechnung getragen wurde. Manche sprachen von einem Wunder, dass solche Brücken eines freundschaftlichen Austauschs auf politischer, kultureller und wissenschaftlicher Ebene nach der Shoah, einem der dunkelsten Kapitel der Menschheitsgeschichte überhaupt, zustande kamen. Gauck erinnert daran, dass der Weg der Annäherung auch ein mühsamer war. „Vieles verdanken wir mutigen Pionieren der Verständigung auf beiden Seiten“, hat er am Morgen in einer Feierstunde der Hebräischen Universität zu Jerusalem betont, wo ihm die Ehrendoktorwürde verliehen wurde. Eine Auszeichnung, die, wie es in der Begründung hieß, nicht zuletzt als Würdigung seines Eintretens gegen Antisemitismus, Rassismus und für ein Gedenken an den Holocaust zu verstehen sei. In gewisser Weise zählt auch Gauck als ehemaliger Abgeordneter der frei gewählten Volkskammer der DDR zu diesen Pionieren. Einstimmig hatte sie bei ihrer konstituierenden Sitzung im Jahr 1990 eine Erklärung verabschiedet, in der „das Volk Israel um Verzeihung für Heuchelei und Feindseligkeit der offiziellen DDR-Politik“ gebeten wurde.

Gauck erinnert sich an frühere Unsicherheiten

Seine ersten Besuche in Israel nach dem Mauerfall und deutscher Wiedervereinigung nennt Gauck im Rückblick „tastende Begegnungen auf dünnem Eis“. Die Gespräche mit Holocaust-Überlebenden hätten ihm, dem als DDR-Bürger Reisen ins nichts-sozialistische Ausland verwehrt waren, vor allem eine Einsicht vermittelt: „Es gibt keine deutsche Identität ohne Auschwitz und es gibt keine israelische Identität ohne die Shoah.“ Diese sehr persönliche Erfahrung hat ihn nachhaltig geprägt und das kommt an bei den israelischen Zuhörern. Beifall brandet auf, als er sichtlich bewegt erzählt, wie am Vorabend bei einem Galakonzert mit dem Leipziger Gewandhausorchester in Tel Aviv, Betty Bausch, eine Überlebende, ihn am Ende in die Arme nahm. Den palästinensischen Konflikt freilich streift Gauck nur kurz. Große Friedensschritte schienen ihm derzeit ohnehin nicht machbar, sagt er im Beisein Rivlins.

Aber er hoffe, ein Bemühen um Deeskalation werde neue Verhandlungsbereitschaft wecken. Ein Abstecher nach Ramallah war ohnehin nicht vorgesehen. Sonntagabend flog der Bundespräsident weiter nach Jordanien zu einem Austausch mit König Abdullah und einem Besuch eines syrischen Flüchtlingslagers.