In einem Büchlein hält Joachim Gauck eine Liebeserklärung an die Freiheit. Aber er schreibt wie ein Mensch aus der guten, alten Zeit.

Stuttgart - Er sei kein Weisheitslehrer, er sei ein Liebhaber der Freiheit, sagt Joachim Gauck, der nun von fünf Parteien auserkorene Kandidat für das Präsidentenamt in seinem Büchlein „Freiheit – ein Plädoyer“. Es fußt auf einer Rede vor der Evangelischen Akademie Tutzing – und der Verlag hat aus gegebenem Anlass die Veröffentlichung vorgezogen. Man wird sich bestätigt fühlen, in dem, was man über den Rostocker Pastor weiß: Dreh- und Angelpunkt seiner Freiheitsliebe waren der Arbeiteraufstand in der DDR am 17. Juni 1953 und das Wendejahr 1989, das sein Leben in „wundersamer Weise“ verwandelt habe. Da habe er seine Nation wieder positiv empfunden, weil die Menschen im Osten „die Freiheit plötzlich liebten“, nicht nur die Dissidenten, sondern die breiten Schichten.

 

Für Gauck ist Freiheit ein Lebenselixier und Motor der Politik. „Wir spüren die tiefe Sehnsucht, ungebunden zu sein, nicht kommandiert zu werden, selbst unsere Maßstäbe bestimmen und setzen zu können.“ Wichtiger sei nicht die Freiheit von etwas, sondern die Freiheit zu etwas. Mit der Wende wurden aus den „Insassen“ der DDR Bürger, und man fragte sie: Wie wollt ihr die Freiheit gestalten?

Seine Tochter als Beispiel

Gauck schildert am Beispiel einer seiner Töchter, die Mutter wurde und Gaucks neuntes Enkelkind gebar, wie ein Mensch aus der persönlichen Freiheit in eine Verantwortungssituation gerät, wie er unvermittelt das Glück der Bezogenheit spürt. Er hält dies nicht nur im Privaten für möglich, sondern auch im öffentlichen Raum, als Eintreten etwa für das Bewahren der Natur, die Rechtsstaatlichkeit oder – recht allgemein formuliert – für die Wahrheit. Die Fähigkeit zur Verantwortung gehöre zum Grundbestand des Menschlichen, sagt Gauck. Wer sie übernimmt, muss aber Macht ausüben. „Schritt für Schritt können wir hineingezogen werden in diese Lebensform von Ermächtigung“, sagt Gauck. Ja, er sei gewarnt worden vor diesem deutschen Wort, aber er stehe dazu. Er habe ja „auf deutsch“ erlebt, wie sich ein Staatsinsasse verwandelt und „durch ermächtigendes Handeln als Bürger zu existieren begann.“

Lob für Musik- und Sportvereine

Gauck lobt die sich in Sport oder Musik engagierende Jugend. Er tritt vehement für europäische Werte ein, die weltweit vertreten werden sollten. Nur wer seiner eigenen Werte sicher sei, könne tolerant gegenüber anderen sein. Das Büchlein ist ein Kompendium von liberal-konservativen Gedanken. Das alle Welt gerade über eine Einengung von Freiheit diskutiert – auf den Finanzmärkten und im Netz – kommt bei Gauck nicht vor. Er spricht wie ein Mensch aus der guten, alten Zeit.