Die Gastrokritiker schmecken in deutschen Küchen wie der von Daniel Achilles in Berlin Weltniveau, vergeben zahlreiche der begehrten Hauben – und kritisieren die Ignoranz im eigenen Land.

Berlin - Glaubt man den Experten vom Restaurantführer Gault Millau, dann wird in Deutschland zwar spitzenmäßig gekocht, nur leider ist keiner so richtig stolz drauf: „Weltoffen, vielfältig, kreativ“, so bewerten die Kritiker die Kunst deutscher Köche in ihrer am Montagabend in Berlin präsentierten Ausgabe für 2014. Aber als typisch deutsch gelte immer noch – und besonders in der Berliner Republik – das ewige Schnitzel.

 

„Die besten deutschen Köche kochen heute auf Augenhöhe mit den Stars der globalen Spitzengastronomie“, heißt es. Die Kritiker sehen jedoch ein Aufmerksamkeitsdefizit. „Deutsche Politiker aber sehen nach wie vor ein Wiener Schnitzel in ihrem Stammlokal als den Höhepunkt lukullischer Freuden und tun nichts dafür, dass die Kulinarik den Stellenwert erhält, den sie in Ländern wie Frankreich und Italien schon immer hat“, meint der Gault Millau. Aber nicht nur die Mutterländer der Küche strahlen diesen Stolz aus – der Restaurantführer verweist auf skandinavische Länder oder Spanien, Peru und Brasilien, wo das Image der Gastronomie sogar mit öffentlichen Mitteln befördert werde.

Harald Wohlfahrt holt erneut 19,5 Punkte

Passend zur Kritik am Schnitzel-Parlamentarismus kommt der Koch des Jahres aus Berlin: Gekürt wurde Daniel Achilles (37) vom Restaurant Reinstoff. Er erkochte sich 18 von 20 Punkten. Ganz oben stehen erneut mit 19,5 Punkten Harald Wohlfahrt in der Schwarzwaldstube in Baiersbronn (dicht gefolgt von Claus-Peter Lumpp im Bareiss mit 19 Punkten), Joachim Wissler vom Vendôme in Bergisch Gladbach, Klaus Erfort vom GästeHaus in Saarbrücken und Helmut Thieltges vom Waldhotel Sonnora in Dreis bei Wittlich in der Süd-Eifel. Achilles’ Vorgänger als Koch des Jahres, Christian Jürgens von der Überfahrt am Tegernsee, bleibt bei 19 Punkten. Er erkochte sich in diesem Jahr seinen dritten Michelin-Stern. Ebenfalls 18 von 20 möglichen Punkten erkochte sich in Berlin Hendrik Otto vom Lorenz Adlon Esszimmer, sowie Volker Drkosch vom Victorian in Düsseldorf und Bobby Bräuer in seinem im vergangenen Jahr eröffneten Münchner Ess.Zimmer.

Zu den Hauben-Restaurants in Baden-Württemberg geht es hier. (Die Daten auf der Gault-Millau-Seite entstammen noch der Ausgabe des Vorjahres).

Daniel Achilles ist Koch des Jahres

Die Kritiker des Restaurantführers Gault Millau haben Daniel Achilles vom Berliner Restaurant Reinstoff zu Deutschlands bestem Küchenchef gekürt. Der 37-Jährige gebürtige Leipziger, der auch zwei Michelin-Sterne erkocht hat, mache aus einfachen Zutaten ganz große Küche, so die Begründung.

Wenn Köche zu Promis werden, gefeiert wie Rockstars, kann Daniel Achilles das nicht verstehen. „Das ist ein knochenharter Job“, sagt er. „Köche sind ja meist fleißige, bescheidenere Leute. Aber die öffentliche Wahrnehmung ist heutzutage eine andere. Meine persönliche Lieblingsentwicklung ist das nicht.“

Sein Restaurant Reinstoff, meinen die Kritiker, „bietet bei aller Präzision und Produktbesessenheit auch sinnlich-süffigen Genuss und Witz“. Von allen Berliner Küchen entwickele sich die von Achilles, die „geschmackliche Funken“ schlage, am schnellsten. Achilles braucht für seine Luxusküche keinen Hummer. Bei ihm gibt es auch mal Tomaten und Gurken. Ein bisschen ist diese Herangehensweise für Achilles, der auch beim Molekular-Pionier Juan Amador gelernt hat, Philosophie, ein bisschen aber auch einfach Pragmatik: „Ich kann kein Menü aufschreiben, auf dem es von Langustinen, Hummer, Stopfleber und Kaviar wimmelt.“

Strömling mit Äpfeln, Blüten, Zwiebel und Mini-Smörrebröd , Ochsenschwanz-Curry mit Linsen und Mango oder gerösteter und gehobelter Kohlrabi, „ein sanft-sahniger Sud mit Nudelblättern und ein Hauch Seezungen-Bottarga“ – 18 von 20 möglichen Punkten vergab der Gault Millau dafür.