Er hat einen jüdischen Jungen vor den Nazis gerettet. Israel ehrte ihn dafür. Nun sollen israelische Bomben in Gaza sechs seiner Angehörigen getötet haben. Verbittert gab der 91-jährige Holländer seinen Orden zurück.

Jerusalem - Als junger Mann hat er einem jüdischen Jungen das Leben gerettet und im hohen Alter dafür eine große Auszeichnung erhalten. Henk Zanoli ist einer von mehr als 25 000 „Gerechten unter den Völkern“, denen im Garten der Jerusalemer Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem ein Denkmal gewidmet ist. Doch die ihm verliehene Medaille will sich der 91-jährige Niederländer nicht länger anheften. Auch wenn er noch heute stolz darauf ist, im Frühjahr 1943 den   elfjährigen Elchanan Pinto aus Amsterdam an SS-Schergen vorbei in das holländische Dorf Eemnes geschmuggelt zu haben, wo Zanolis Mutter Johanna ihn zwei Jahre lang vor den deutschen Besatzern versteckte.

 

Jetzt hat Henk Zanoli Medaille samt Urkunde, die Yad Vashem 2011 ihm und posthum seiner verstorbenen Mutter verliehen hatte, aus Protest gegen den Gaza-Krieg an die israelische Botschaft in Den Haag zurück gesandt. Seine Entscheidung richte sich nicht gegen das jüdische Volk, aber gegen den Staat Israel, den er für den Tod von sechs seiner palästinensischen Anverwandten verantwortlich mache, betont Zanoli, ein Anwalt im Ruhestand.

Eigene Familie hat gelitten

Seine eigene Familie habe einst für ihre Haltung im Nationalsozialismus einen bitteren Preis bezahlt. Mehrere Familienmitglieder wurden getötet. Vor diesem Hintergrund empfinde er es als „besonders schockierend und tragisch“, schrieb Zanoli in einem Begleitbrief, „dass vier Generationen später unsere Familie mit dem Mord an unserer Sippe in Gaza konfrontiert ist“.   Die Verbindung geht auf die Heirat seiner Großnichte, einer holländischen Diplomatin, mit einem Palästinenser zurück. Er ist im Flüchtlingslager al Bureidsch im Gazastreifen aufgewachsen, wo sein Bruder und weitere Verwandte noch immer leben. Sechs Angehörige waren am 20. Juli bei einem israelischen Luftangriff in den Trümmern ihres Hauses gestorben. Die Armee hat noch keine Angaben gemacht, ob versehentlich das falsche Haus getroffen wurde . Man untersuche aber noch „irreguläre Vorfälle“.

Yad Vashem bedauert die Entscheidung

  Die Familie der Opfer beteuert, nichts mit Militanten zu tun zu haben. Unter diesen Umständen, schrieb Henk Zanoli, wäre es geradezu „eine Beleidigung des Andenkens an meine couragierte Mutter“, wenn er die Auszeichnung von Yad Vashem behalten würde. Eine solch brüske Zurückweisung hat man dort noch nicht erlebt. „Wir fühlen mit seinem Verlust, aber bedauern seine Entscheidung“, hieß es in einer knappen Stellungnahme.