Die Fraktionsgemeinschaft von SÖS/Linke kritisiert den Zustand einer Unterkunft für Asylbewerber in Untertürkheim.

Untertürkheim - Eine Schmutzschicht bedeckt den beigefarbenen Kunststofffußboden. Eine undefinierbare Flüssigkeit hat auf dem Boden eine Pfütze gebildet. In der Ecke steht ein Herd, das Kochfeld ist mit eingebrannten Essensresten überzogen. Der Raum scheint spärlich eingerichtet. Neben dem Herd befindet sich noch ein kleiner Holztisch mit einem einzigen Stuhl. Ansonsten ist nur ein Mülleimer auf dem Foto zu sehen.

 

Schon länger kritisiert Ulrike Küstler den Zustand der Flüchtlingsunterkunft in Untertürkheim. Die Linken-Stadträtin wohnt im Bezirk und schaut regelmäßig in der Einrichtung vorbei. Ende November hat ihre Fraktionsgemeinschaft von SÖS/Linke einen Antrag gestellt. „Die Räume befinden sich in einem trostlosen Zustand, eine Renovierung ist überfällig“, heißt es dort.

Insbesondere der Zustand der beiden jeweils an den Enden eines langen Flurs untergebrachten Küchen sei problematisch. In dem einen Raum sei zwar ein Herd angeschlossen. Es gebe aber weder einen Wasseranschluss noch einen Ausguss. Die andere Küche verfüge hingegen über fließendes Wasser, dafür sei der dortige Herd aber nicht funktionsfähig.

Beim Liegenschaftsamt ist man sich des Problems bewusst

17 Erwachsene müssen sich laut Küstler einen einzigen Herd teilen. Wenn sie Wasser zum Kochen brauchen, müssten sie bis an das andere Ende des Flurs laufen. Darüber hinaus gebe es bislang keine Duschvorhänge, weshalb im Gemeinschaftsbad ständig das Wasser stehe. Laut Manfred Norwat, einem Mitarbeiter der mit der Betreuung des Asylbewerberheims beauftragten Arbeitsgemeinschaft Dritte Welt (AGDW), wurden am vergangenen Dienstag allerdings drei Hängeschränke sowie eine Spüle, die jedoch noch angeschlossen werden muss, geliefert. Das für die Flüchtlinge zuständige Sozialamt habe ihm außerdem versichert, dass auch Duschvorhänge, Arbeitstische und Elektroherdplatten bestellt seien. Der Antrag von SÖS und Linken geht aber weiter. Die Gemeinderatsfraktion fordert, dass das für die Unterkunft verantwortliche Liegenschaftsamt umgehend einen Handwerker beauftragt, der die Küchen funktionsfähig macht. Darüber hinaus soll das Gebäude innerhalb eines Vierteljahres renoviert werden.

Beim Liegenschaftsamt ist man sich des Problems bewusst. „Das Objekt wurde vorzeitig belegt“, sagt Amtsleiter Thomas Zügel. Nach dem Brand in einem Asylbewerberheim in Heumaden Ende August mussten in wenigen Stunden Ersatzunterkünfte für fast 70 Bewohner gefunden werden. Die Verwaltung entschied sich, einige Flüchtlinge in dem Gebäude in Untertürkheim unterzubringen. In einem Interview mit dieser Zeitung sprach Stefan Spatz, der stellvertretende Leiter des Sozialamtes, damals von einer „provisorischen Lösung“.

Küstler will einen Freundeskreis Flüchtlinge gründen

Das Haus war laut Liegenschaftsamt langfristig als Flüchtlingsunterkunft vorgesehen; zuvor hätte aber ein Antrag auf Umnutzung gestellt– die Räume sind als Büros genehmigt – und das Gebäude renoviert werden müssen. Einige Arbeiten, vor allem Brandschutzmaßnahmen, wurden inzwischen erledigt. Der Einbau einer Brandmeldeanlage steht laut Zügel aber noch aus. Zudem müsse das Dach repariert und die Elektrik erneuert werden, erst dann könne der zweite Herd angeschlossen werden. Das Gebäude ist stark renovierungsbedürftig, heißt es in der Stellungnahme der Stadt auf den Antrag von SÖS und Linken. Bei einer dauerhaften Nutzung sei die Erneuerung des Daches und der Elektrik erforderlich.

Aber: „Ob diese weiter gehenden Investitionen in Höhe von circa 219 000 Euro getätigt werden, muss im Zusammenhang mit den weiteren Nutzungsüberlegungen, ausgehend von der noch ausstehenden Baugenehmigung, den Verkaufsverhandlungen sowie der Entwicklung der Bedarfszahlen bei der Flüchtlingsunterbringung entschieden werden.“

Stadträtin Küstler will jedoch nicht einfach auf die städtischen Ämter schimpfen. Insbesondere das Sozialamt gebe sich viel Mühe, betont die Linken-Politikerin. Ihr gehe es vor allem um die noch ausstehenden Renovierungsarbeiten. Auch die Sauberkeit sei in der vorwiegend von Männern bewohnten Unterkunft ein Problem. Die Flüchtlinge müssten möglicherweise stärker betreut werden, auch über die Einrichtung eines Putzdienstes, der für eine gewisse Grundreinheit sorgt, müsse man nachdenken.

Darüber hinaus würde Küstler gerne einen Freundeskreis Flüchtlinge in Untertürkheim gründen, wie es ihn schon in vielen anderen Bezirken im Stadtgebiet gibt. Der Linken-Stadträtin schwebt ein Patenschaftsmodell vor. Interessierte können sich telefonisch unter der Nummer 216 27 05 oder per E-Mail an ulrike.kuestler@stuttgart.de melden.

Anmerkung:
Die Redaktion hätte sich gerne selbst ein Bild vom Zustand der Flüchtlingsunterkunft in Untertürkheim gemacht. Um die Privatsphäre der Flüchtlinge zu schützen, ist dies laut Sozialamt aber nicht möglich. Die Beschreibung der Räume bezieht sich daher auf Fotos, die der Redaktion vorliegen.