Schwere Schäden nach Geothermiebohrungen: Mitarbeiter des Landratsamtes machen die Bohrfirma dafür verantwortlich.

Leonberg - Die Schuld für die Gebäudeschäden nach der Geothermiebohrung in der Eltinger Thomas-Mann-Straße trägt nach einer ersten Einschätzung des Böblinger Landratsamtes die beauftragte Bohrfirma. Die Firma habe bereits vorgelegte Bohrprotokolle widerrufen, dabei seien noch mehr „Widersprüche“ über die Ausführung der Bohrung an Licht gekommen, so Steffen Ochs, Fachingenieur des Landratsamtes. Mittlerweile sind 24 Häuser im Eltinger Norden durch Setzungen stark beschädigt worden - und teilweise unbewohnbar. Bei einer Informationsveranstaltung im Leonberger Rathaus blieben jedoch einige Fragen offen. Die Behörde konnte den rund 100 betroffenen Bürgern nicht erklären, warum bereits bekannte Bauprobleme in dieser Straße bei der Genehmigungserteilung für die Geothermiebohrung Ende Juli offensichtlich nicht berücksichtigt worden waren.

 

Betroffen ist auch der Stadtrat Wolfgang Schaal. Sein Geschäftssitz mit Sanitärbetrieb in der Thomas-Mann-Straße wies bereits vor zehn Jahren Risse und Setzungsschäden auf, als gegenüber ein ein großes Büro- und Geschäftshaus gebaut wurde. „Schon bei Bodenerkundungen kam es im April 2001 zu Setzungen von 1,5 Zentimetern, mit Rissen von meinem Fundament bis hinauf ins Dach“, sagte der Freie-Wähler-Stadtrat gegenüber den Behördenvertretern. „Das wurde dem Leonberger Bauamt, aber auch dem Wasserwirtschaftsamt gemeldet.“

Die Bohrfirma gerät ins Visier

Der Leiter des zuständigen Wasserwirtschaftsamtes, der letztlich auch jene 80 Meter Geothermie-Bohrung abgesegnet hatte, verteidigte sich: „Wären die Auflagen beachtet worden, hätte es aus unsere Sicht keine Schäden geben dürfen“, sagte Kurt Knöller vom Böblinger Landratsamt.

Eine „Verletzung der Sorgfaltspflicht“, die Schaal und andere Betroffene bei der Genehmigungsbehörde sahen, wies er zurück. Vielmehr erläuterten die Fachleute des Landratsamtes die Schwierigkeiten, die es mit der Bohrfirma Gungl aus Renningen bei der Aufklärung des Falles gebe. So seien angeforderte Unterlagen und die Dokumentation der Bohrung nicht nur korrigiert eingereicht worden, sondern auch unvollständig. „Aus dem, was wir vor Ort erfahren haben und die Verantwortlichen der Firma nun sagen, gibt es Widersprüche“, stellte der Fachingenieur des Landratsamtes fest.

Die Bohrfirma selbst wollte am Mittwoch noch keine Stellung zu den Vorwürfen nehmen. Sollte das Unternehmen verantwortlich gemacht werden, würde eine Schadensersatzklage in Millionenhöhe bedeuten. Auch das wurde am Dienstagabend im Leonberger Sitzungssaal deutlich: „Sie müssen sich leider auf einen langwierigen Gerichtsprozess einstellen“, sagte ein freiberuflicher Statiker, der den Ausführungen zuhörte. Eine Justiziarin des Landratsamtes stellte auf entsprechende Bürgerfragen kategorisch fest: „Für die Beseitung der akuten Schäden müssen Sie leider selbst in Vorleistung gehen.“