Als letzte der vier Kommunen im Strohgäu hat nun auch Hemmingen höhere Kita-Gebühren beschlossen. Den Eltern liegen indes die Änderungen vom vorigen Jahr noch schwer im Magen.

Hemmingen - Die Entrüstung der Eltern über die Neuerungen bei den Kita-Gebühren in Hemmingen wird diesen Sommer wohl ausbleiben – obwohl die Mitglieder des Verwaltungsausschusses beschlossen haben, dass Eltern für die Kinderbetreuung mehr zahlen müssen: Von September an neun Prozent, egal, ob das Kind eine Regelgruppe besucht, die Eltern die verlängerten Öffnungszeiten nutzen oder ihren Nachwuchs ganztags betreuen lassen. Das Essen kostet künftig drei statt 2,70 Euro, und die Ermäßigung nach dem Familienpass III fällt weg. Der Gemeinderat fasst den Beschluss am 17. Juli. Die Erhöhung der Gebühren spült etwa 50 000 Euro in die Kasse.

 

Zu viele Kosten, zu wenige Plätze

Mehr als fünf Millionen Euro kostet die Gemeinde die Kita-Betreuung, weniger als zwei Millionen erhält sie durch Gebühren, Essensgelder und Zuschüsse des Landes. Die Kinderbetreuung ist der größte Posten im Haushalt, die Kosten steigen stetig. Das Personal bekommt höhere Löhne, weitere Kindergruppen werden eingerichtet. Die Kita im Neubaugebiet Hälde soll im Herbst öffnen. Trotzdem fehlen Plätze. Laut eines Gutachters sind bis Juli 2023 drei bis vier neue Gruppen nötig. Zunächst kommen in der Hälde Kinder in drei Wohnungen unter. Das Neubaugebiet ist attraktiv für Familien – doch viele sind frustriert.

Frust und Resignation

Um zehn Prozent höhere Gebühren, maximal aber 40 Euro, kein Geschwisterbonus mehr, die Ganztagsbetreuung nur noch an drei oder fünf Tagen: Die Änderungen seit Herbst 2017 lösten bei den Eltern viel Ärger und Protest aus. Der Unmut schwelt offenbar nach wie vor. „Auch wenn die jetzige Erhöhung weniger Wellen schlägt, weil sie sich schon im Herbst angedeutet hatte, sind die Eltern immer noch frustriert oder haben resigniert“, berichtet die Elternbeiratsvorsitzende der Kita Haupt-/Blohnstraße, Petra Kirschner. Viele Familien seien etwa bloß deswegen nach Hemmingen gezogen, weil der Ort mit seiner hohen Flexibilität geworben habe, zum Beispiel mit Ganztagsbetreuung an zwei, drei oder fünf Tagen. „Die Situation ist für Eltern schwierig. Etliche müssen Geld für etwas ausgeben, das sie nicht brauchen. Was ist von dem übrig geblieben, was man uns versprochen hat?“, fragt Kirschner. Sie kritisiert: „Uns Eltern hört keiner, wir sind machtlos.“ Die zweifache Mutter, die in der Vergangenheit mehrfach mit dem Bürgermeister diskutiert habe, wünscht sich von der Gemeinde mehr Verständnis. „Wir möchten angehört werden. Stattdessen werden nur die Belastungen für die Kinderbetreuung gegengerechnet. Es hat einen faden Beigeschmack, dass wir der Gemeinde nur auf der Tasche liegen“, findet Petra Kirschner.

Günstiger als andere Kommunen

Hemmingen ist bei den Gebühren für die Kinderbetreuung allerdings vergleichsweise günstig. „Wir hinken hinterher“, sagt der Bürgermeister Thomas Schäfer (CDU) – was sich mit der Historie der Gemeinde erklären lasse: Im Jahr 2008, als die Gewerbesteuereinnahmen dank des Autobauers Porsche sprudelten, senkte die Gemeinde die Kita-Gebühren um zehn Prozent. Bis vor vier Jahren blieben sie auf demselben Niveau. In Hemmingen tragen die Eltern rund elf Prozent der Gesamtkosten der Kinderbetreuung. Die Kommunalverbände empfehlen einen Elternanteil von einem Fünftel der Kosten. Diesen Richtwert wollen die Hemminger 2027 erreichen.

Uneinigkeit im Gremium

Die SPD lehnt die Gebührenerhöhung ab. Es sei nicht mehr zu rechtfertigen, dass die Belastungen junger Familien überproportional steigen sollen, sagt der Fraktionschef Wolfgang Stehmer. Jörg Haspel stimmte zwar für die Erhöhung, er fordert aber eine „soziale Komponente“: „Wer mehr Geld verdient, soll auch mehr bezahlen“, sagt der Freie Wähler. Das lasse sich über einkommensabhängige Gebühren steuern. Diese schlug die im vergangenen Oktober gegründete Arbeitsgruppe „Kinderbetreuung“ vor. Sie wurden abgelehnt. „Bei der Einführung würde eine Lenkungswirkung hin zu noch mehr Ganztagesbetreuung entstehen und das Defizit noch steigen“, sagt der CDU-Fraktionschef Walter Bauer. Die Arbeitsgruppe besteht aus Mitgliedern der Verwaltung und des Gemeinderats. Sie soll Lösungsvorschläge für Probleme im Kinderbetreuungsbereich erarbeiten.

Korntal-Münchingen erhöht in Stufen

In Ditzingen und Gerlingen steigen die Gebühren um neun beziehungsweise 3,5 Prozent. Korntal-Münchingen hat im vorigen Jahr eine Erhöhung um acht Prozent beschlossen. Die Steigerung gilt nur für die Regelbetreuung für Kinder zwischen drei und sechs Jahren und erfolgt in zwei Stufen: Seit September 2017 zahlen Familien sechs Prozent mehr, in diesem Herbst steigt die Gebühr um zwei Prozent.