Am Samstag wurde im Innenministerium der fast 3000 von den Nazis ermordeten Sinti und Roma gedacht. Die Opfer der Nazis waren vor 70 Jahren in der Nacht zum 3. August im Vernichtungslager Auschwitz umgebracht worden.

Stuttgart - Verantwortung zu übernehmen, das bedeutet für den baden-württembergischen Innenminister Reinhold Gall (SPD) auch, sich mit der Geschichte der eigenen Behörde auseinanderzusetzen. „Die nationalsozialistischen Verbrechen wären ohne die Mitwirkung von Polizei und Verwaltung nicht möglich gewesen“, sagte Gall am Samstag im Stuttgarter Innenministerium. Gemeinsam mit dem Verband Deutscher Sinti und Roma Baden-Württemberg und dem Haus der Geschichte hatte das Ministerium zu einer Gedenkveranstaltung für die fast 3000 Sinti und Roma eingeladen, die vor 70 Jahren, in der Nacht zum 3. August, im Vernichtungslager Auschwitz ermordet wurden.

 

Zur Gedenkveranstaltung kommen Gäste aus der Politik

Unter den Gästen waren neben dem Innenminister viele weitere Vertreter der Landespolitik, wie die Landtagsvizepräsidentin Brigitte Lösch (Grüne). In Vertretung für den Stuttgarter Oberbürgermeister nahm Ordnungsbürgermeister Martin Schairer an der Veranstaltung teil. Einige Angehörige von Opfern des Nazi-Regimes waren der Einladung ebenfalls gefolgt; anwesend war auch der Landespolizeipräsident Gerhard Klotter. Innenminister Gall machte deutlich, dass auch Württemberg willig die Voraussetzungen geschaffen hatte, damit Sinti und Roma ermordet werden konnten. Er verwies auf den Heimerlass des württembergischen Innenministeriums vom 7. November 1938, der es ermöglichte, Kinder als „Zigeuner“ einzustufen und in Heime zu bringen. „Die Behörden haben sich viel zu lange nicht mit ihrer Geschichte auseinandergesetzt“, sagte er.

Die „verhängnisvolle Zusammenarbeit von Polizei, Innenministerien und Gestapo“ sprach auch Thomas Schnabel, der Leiter des Hauses der Geschichte, an. So habe etwa die Karlsruher Polizei 150 Sinti und Roma auf dem Hof ihres Präsidiums versammelt, um sie in das Sammellager Hohenasperg zu bringen, von wo aus sie nach Auschwitz deportiert wurden.

Die Geschichte beschäftigt die Polizei im Land

Die baden-württembergische Polizei und das Innenministerium möchten dieses düstere Kapitel ihrer Geschichte aufarbeiten. In Vorbereitung auf die Gedenkveranstaltung haben sich Polizeischüler intensiv mit den Biografien von Sinti und Roma auseinandergesetzt, die zu Opfern der Nationalsozialisten geworden sind. Daniel Strauß, der Vorsitzende des Verbands Deutscher Sinti und Roma Baden-Württemberg, zollte dem Innenministerium dafür Respekt, dass es die Mitschuld von Polizei und Verwaltung während des Nazi-Regimes thematisiere. „Keiner der Anwesenden trägt eine Schuld, aber alle tragen eine Verantwortung“, sagte er. Gleichzeitig betonte Strauß, dass die Nazis ihr Ziel, die Vernichtung der Sinti und Roma, nicht erreicht hätte. „Es haben Menschen überlebt“, sagte er. Rund 400 seien es in Baden-Württemberg gewesen, von denen heute noch etwa 100 leben würden.