Am Dienstag fand die erste Gedenkstunde am Stuttgarter NS-Mahnmal parallel zum Gedenken in Auschwitz, dem Ort der Vernichtung, statt.

In der Nacht vom 2. auf den 3. August 1944 wurden in Auschwitz die letzten noch überlebenden 4300 Sinti und Roma ermordet. Von der SS mit Flammenwerfern aus den Baracken und in die Gaskammern getrieben. Der 2. August ist daher zum europäischen Gedenktag für die ermordeten Sinti und Roma ernannt worden, deren Zahl auf eine halbe Million geschätzt wird. Für die Landesvertretung der deutschen Sinti und Roma in Baden-Württemberg war dieser Tag zum ersten Mal Anlass für eine Gedenkstunde am Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus. Gleichzeitig mit dem Gedenken in Auschwitz.

 

„Auch der Bruder meines Mannes wurde damals in Auschwitz ermordet“, sagte Ilona Lagrene, die Sonderbeauftragte für Erinnerungs – und Gedenkkultur in der Landesvertretung, und mahnte die Erinnerung an diese Verbrechen an: „Wir dürfen sie nie vergessen, sonst vergessen wir uns selbst. Wir sind im Schatten von Auschwitz aufgewachsen“, zählte sie auf, wie viele Verwandte die Fahrt in den Tod vom Stuttgarter Nordbahnhof angetreten haben. Es gebe kaum eine Familie, die nicht um ermordete Mitglieder trauere, wie auch der Musiker Ismael Reinhardt bestätigte. Ilona Lagrene rief in Erinnerung, dass die Ausgrenzung der Sinti und Roma „als fremde Rasse aus der arischen Volksgemeinschaft“ in den Nürnberger Gesetzen festgeschrieben worden war, „dabei sind unsere Familien seit Jahrhunderten in Deutschland verwurzelt“.

Diskriminierender mit ukrainischen Sinti und Roma

Aber auch in der Bundesrepublik habe es 40 Jahre lang gedauert, bis unter Bundeskanzler Helmut Schmid endlich das Verbrechen an den Sinti und Roma als Völkermord anerkannt worden sei, betonte Ilona Lagrene, die sich als Bürgerrechtlerin und Initiatorin von Gedenkorten in Baden-Württemberg dafür engagiert hat. Mit der Eröffnung des Dokumentationszentrums in Heidelberg sei ein anderer Blick, „weg von den tief verwurzelten Klischees“, erreicht worden.

Doch Lagrene sprach auch die aktuelle Situation an: Der diskriminierende Umgang mit ukrainischen Sinti- und Roma-Flüchtlingen, teils von Ukrainern selbst, teils auch in der deutschen Bürokratie, sei eine Schande. Laszlo Kovace, ein geflüchteter Pastor aus Charkow, hat die bittere Erfahrung bestätigt.