Seit langem streiten sich Land und Stadt, ob sich Stuttgart an der Gedenkstätte beteiligt. Eine Mehrheit im Gemeinderat sagt klar: Ja.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Bisher hat sich der Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU) dagegen gewehrt, für den Betrieb der geplanten Gedenkstätte im Hotel Silber einen finanziellen Beitrag zu leisten. Es handele sich um ein Projekt des Landes, sagte der OB immer wieder – zudem gebe die Stadt Stuttgart gerade 34 Millionen Euro für ein neues Stadtmuseum aus. Die Grünen, die SPD und die Fraktion der SÖS/Linke haben am Freitag aber klargestellt, dass sie dieser Linie nicht folgen werden und sind dem OB in die Parade gefahren: „Die Landeshauptstadt wird sich der Verantwortung auch für die kommenden Generationen stellen und sich an den Kosten des laufenden Betriebs beteiligen“, schrieben die Stadträte. Da die drei Fraktionen die Mehrheit im Gemeinderat stellen, kann Schuster an diesem Votum nicht vorbei. Für Donnerstag ist sowieso ein Gespräch zwischen dem OB und den Vertretern des Landes anberaumt – die Fraktionen forderten Schuster auf, dann die neue Haltung der Stadt einzubringen.

 

Das Zentrum soll nicht nur die Historie im Blick haben

Andreas G. Winter von den Grünen wollte keine mögliche Höhe des städtischen Beitrages nennen. Klar sei für seine Partei aber, dass die Gedenkstätte sich nicht in einer kleinen Ausstellung erschöpfen könne. Vielmehr müsse ein Zentrum entstehen, das die unselige Tätigkeit in der früheren Gestapozentrale im Hotel Silber historisch aufarbeite, das aber auch für die Gegenwart Akzente setze gegen Intoleranz und Diskriminierung. Dafür bedürfe es hauptamtlicher Mitarbeiter und einer wissenschaftlichen Begleitung. „Wir sind bereit, einen substanziellen finanziellen Beitrag zu leisten“, sagte Andreas G. Winter.

Die SPD-Stadträtin Monika Wüst betonte, dass der Umbau des Gebäudes vom Land allein geschultert werden müsse; bei der Konzeptarbeit und beim Betrieb sei die Stadt aber im Boot. Sie hält es für unverzichtbar, dass Stuttgart bei einer so zentralen Einrichtung mitten in der Stadt nicht nur Zuschauer ist. Als Gegenleistung für die finanzielle Beteiligung erwartet Monika Wüst vom Land aber, dass die Stadt noch stärker als bisher an der Konzeption beteiligt werde und dass das Zentrum deutliche Stuttgarter Akzente setze. Das Hotel Silber müsse zudem didaktisches Material für Schüler erarbeiten, Schulklassen durch die Ausstellung führen und Diskussionsforen für die Bürger anbieten: „Das Hotel Silber soll ein lebendiger Ort des Lernens werden“, sagte Wüst.

Stadt will vor allem einen pädagogischen Ansatz

Von Seiten der Bürgerinitiative zum Hotel Silber war die Weigerung der Stadt, sich an den Kosten zu beteiligen, immer als Hauptgrund für die schleppenden Gespräche angeführt worden. Erst wenn die Kostenverteilung klar sei, könne man sinnvoll über Inhalte diskutieren, sagte Harald Stingele, der Sprecher der Initiative.

Für Markus Vogt, den Sprecher des OB, wird umgekehrt ein Schuh daraus. Es müsse zuerst ein Konzept vorliegen, damit die Beteiligten sich entscheiden könnten, ob sie sich dafür finanziell engagieren wollten. Ein solches Konzept gebe es nur in Ansätzen. Vogt machte aber deutlich, dass sich die Stadt ihrer Verantwortung bewusst sei: „Wir würden uns vor allem an einem pädagogischen Ansatz beteiligen.“ Wobei damit nicht zwingend eine finanzielle Beteiligung gemeint sein müsse.

Noch ist unklar, wie groß die Gedenkstätte wird – bis jetzt ist davon die Rede, dass das halbe Haus in der Dorotheenstraße 10 für Ausstellung und Veranstaltungsräume genutzt werden könnte. Damit wäre das Hotel Silber eine der größten Einrichtungen dieser Art in Baden-Württemberg. Wie hoch die Betriebskosten sind, hängt von Fläche und personeller Ausstattung ab. Sie könnten aber leicht die Grenze von einer Million Euro im Jahr überschreiten.