David Verstege hat eine Gedenktafel für einen zweijährigen Buben gestaltet. Eine Arbeit, die ihn tief bewegt hat.

Stuttgart-Vaihingen - Lars lacht. Es ist ein Lausbubengrinsen, das Omas und Opas schwach werden lässt. Viele Fußgänger kennen das fröhliche Kindergesicht – und es macht betroffen. Denn Lars’ Foto findet sich auf einer Gedenktafel wieder, die seit August an der Fauststraße auf einem Mäuerchen steht.

 

Auch zwei Lesern unserer Zeitung ist der Junge nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Sie haben sich in der Redaktion gemeldet und wollten mehr über die Tafel wissen, die umrahmt wird von Kerzen und Figürchen. Auch eine weiße Rose steht neben dem Bronzeguss.

Ein Auto erfasste den kleinen Jungen

Die Geschichte, die dahintersteckt, ist schnell erzählt. Sie ist das Schlimmste, was Eltern passieren kann. Bei einem missglückten Ausparkmanöver ist der zweijährige Bub am 22. August 2011 ums Leben gekommen. Ein Auto erfasste damals den kleinen Jungen. Eben dort, wo er heute Passanten entgegen lacht. Der Vaihinger Bildhauer David Verstege hat den Gedenkstein gestaltet. Anfang dieses Jahres kamen die Eltern des verunglückten Kindes auf ihn zu. „Jede Arbeit ist eine Herausforderung“, sagt der 38-Jährige. Doch dieser Auftrag stellte ein besondere Herausforderung dar: „Das ist ein Ausnahmefall und bewegt einen schon.“

Der Bildhauer- und Steinmetzmeister hat sich viele Gedanken gemacht, auch darüber, dass „ein zweijähriger Junge und das Thema Tod eigentlich nicht zusammenpassen.“ Damit rechne man doch nicht. Den Eltern sei schnell klar gewesen, dass eine Sonne Bestandteil der Gedenktafel sein soll, schließlich sei ihr Sohn ein Sonnenschein gewesen. Eine Kerzennische sollte sie ebenfalls haben und Platz für ein Bild und einen Text.

Verstege stellte zuerst Modelle aus Gips im Maßstab 1:10 her. Wie viele Stunden Zeit er in das Projekt gesteckt hat? „Zwischen 150 und 200 Stunden“, schätzt Verstege. Er habe nie den ganzen Tag daran gearbeitet: „Es ist wichtig, dass man immer wieder mit einem frischen Auge draufschaut.“ Das gelte auch für andere Aufträge.

Die Familie hat mit der Gedenktafel alles gesagt

Statt einer Kerzennische hat er eine LED-Lichtnische am linken oberen Rand der Gedenktafel vorgeschlagen. Das Patinieren des Bronzegusses hat sich Verstege nicht nehmen lassen, obwohl es zeitaufwendig ist. Er wollte dem Undenkbaren, dem Unumkehrbaren gerecht werden. Schließlich sollten die Sonnenstrahlen richtig zur Geltung kommen.

Erst als die Gedenktafel auf der Mauer stand, war auch für den Bildhauer ein Prozess abgeschlossen, der ihn immer wieder über ganz elementare Fragen hat nachdenken lassen. Bis heute hat er noch Kontakt zu seinen Auftraggebern, die er dafür bewundert hat, wie sie mit dem Tod ihres Sohnes umgegangen sind. Über seine Erfahrungen hat der Bildhauer jüngst einen Artikel in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Naturstein“ unter dem Titel „Sonnenschein, der bleibt“ geschrieben.

Wenn der Bildhauer heute an seinem Werk vorbeifährt, wird er wieder an den Gestaltungsprozess erinnert. Die Familie hat mit der Gedenktafel alles gesagt. Mehr wollen sie nicht preisgeben. Das lassen sie über Verstege ausrichten. Der Künstler wird diesen Auftrag wohl nie vergessen, ebenso wenig wie das Bild eines Jungen, der so schön lachen konnte.