Weil Steine aus einer nahen Felswand herabfallen könnten, hat die Stadt Bietigheim-Bissingen kurz vor Ostern die Gaststätte Paulaner am Viadukt geschlossen. Nun arbeiten Spezialisten daran, den Fels zu sichern. Trotzdem gibt es neue Kritik.

Bietigheim-Bissingen - Ich möchte über die Vorgehensweise meinen Unmut äußern“, sagte Wilhelm Dietz in Richtung der Verwaltung bei der jüngsten Sitzung des Bietigheim-Bissinger Gemeinderats. Was den Ex-Chef der insolventen Metzgereikette und CDU-Stadtrat ärgerte, ist die Schließung der Gaststätte Paulaner am Viadukt, nahe der Wobach-Felswand.

 

Die Stadt hatte die kurz vor Ostern angeordnet, weil ein Gutachten vor herunterfallenden Steinen aus der Wand warnte. Der Pächter Tim Heilig vermutete dahinter böse Absicht der Verwaltung: Die Stadt wolle das Grundstück für eigene Zwecke nutzen. Auch Dietz äußert diese Vermutung im Gemeinderat. Doch die Verwaltung versicherte, es gehe allein um die Sicherheit. Der Oberbürgermeister Jürgen Kessing (SPD) sagte: „Wenn etwas passiert, sind wir die Dummen.“

Acht Tonnen Feld wurden herausgeklopft

Bereits zu Beginn der Sitzung wurden zwei kiloschwere Felsbrocken auf einem Tisch präsentiert: „Bei den Sicherungsarbeiten sind diese Steine rausgebrochen worden“, erklärte Kessing. Geschätzt acht Tonnen an Felsbrocken habe eine Firma in den vergangenen Tagen aus dem Fels entfernt. Claus-Dieter Jaisle, der Leiter des Bauamts, und Thomas Höfel, der Ordnungsamtsleiter, erklärten das Vorgehen: Direkt hinter der Gaststätte wurden in den vergangenen knapp drei Wochen der Fels von Pflanzen befreit, um loses Gestein entfernen zu können. Ohne viel Aufwand seien die Felsbrocken abgeklopft worden. Nun wird dort ein Stahlnetz zum Schutz angebracht.

Die Bereiche links und rechts vom Paulaner, also auf Höhe des Parkplatzes und des Biergartens, können erst im Herbst, nach dem Ende der Vegetationsperiode, bearbeitet werden, so Jaisle. Daher müsse auch ein Teil der Freibereiche gesperrt bleiben. Aber für den Wirt Tim Heilig gibt es auch gute Nachrichten: ein Teil seines Biergartens könne in rund vier Wochen wieder in Betrieb genommen werden, erklärte Claus-Dieter Jaisle. „So kann man nicht mit Selbstständigen umgehen“, entgegnete der sichtlich aufgebrachte Stadtrat Dietz, „dieser Vorgang stinkt wie ein Fisch in der Sonne.“ Worauf er damit anspielte: Bereits vor einem Jahr hatte es einen Steinschlag gegeben – nach dem aber nichts unternommen wurde.

„Warum dauert das ein Jahr?“, fragte auch Hermann Eppler, CDU-Stadtrat, „da sind Sie uns eine Antwort schuldig.“ Er selbst habe erst vor wenigen Wochen von dem damaligen Steinschlag erfahren, erwiderte der Oberbürgermeister. Es folgte das Gutachten.

„Stinkt wie ein Fisch in der Sonne“

Die Rathaussprecherin Anette Hochmuth erklärt auf Nachfrage den zeitlichen Ablauf: „Der Steinschlag, der vor einem Jahr eintrat, war ein einzelner Stein.“ Die Situation sei damals noch nicht so dramatisch eingeschätzt worden. Allerdings wurde der Felsen weiter beobachtet und insbesondere im Winter hatte sich nach Ansicht der städtischen Bauleute die Situation verschlechtert.

Der OB wehrt sich gegen die Kritik an der Schließung

Ein Fachmann wurde hinzugezogen, um ein Gutachten zu erstellen. Die Begehungen fanden im März statt, das Gutachten lag der Stadt dann am 10. April vor und führte am 18. April zur Schließung der Gaststätte. „Wenn an Ostern schlechtes Wetter gewesen wäre, dann hätte das keinen interessiert“, sagte Kessing zu der Kritik an der Stadtverwaltung.

Auch Thomas Höfel verteidigte die Entscheidung seines Amts: „Unsere Aufgabe ist es, dass Gäste und Mitarbeiter nicht verletzt werden. Das allein war verantwortlich für die Verfügung.“ Zwei Sätze im Gutachten hätten ihm dabei keine andere Wahl gelassen: Dass akute Steinschlaggefahr herrsche und dass die Masse und der Zeitpunkt von Abstürzen nicht abschätzbar seien. Er ergänzt, dass weder das Wetter noch der Feiertag Gründe sein können, warum das Gelände erst später hätte gesichert werden sollen. „Wir lassen den Betrieb sofort wieder zu, wenn wir ein Gutachten haben, dass uns die Sicherheit bescheinigt“, so der Ordnungsamtsleiter Thomas Höfel.