Leutenbachs Bürgermeister Jürgen Kiesl erhält eine ernüchternde Antwort auf seine Bitte um Entschärfung der Gefahrenlage bei Staus vor und im B-14-Tunnel.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Leutenbach - Der Fahrer eines Mercedes Vito gerät mit seinem Wagen kurz vor dem Leutenbachtunnel gegen den Bordstein, in der Röhre verliert er dann ganz die Kontrolle über das Auto. Das Fahrzeug schrammt wechselseitig gegen die Betonwände, bevor es nach etwa 50 Metern völlig demoliert zum Stehen kommt. Der Rettungsdienst muss den verletzten Autofahrer in ein Krankenhaus bringen, der Unfallwagen muss abgeschleppt, die Fahrbahn gesäubert werden.

 

Szenen wie diese, die sich Ende Juli dieses Jahres ereignet hat, werden sich wohl nie gänzlich vermeiden lassen. Das Chaos, das ausbricht, wenn es zu unvorhergesehenen Vollsperrungen des Leutenbachtunnels kommt, müsste nach Ansicht des Leutenbacher Bürgermeisters Jürgen Kiesl allerdings nicht unbedingt sein. Weil der Verkehr nach Vorfällen im Tunnel – wie Kiesl vermutet „aufgrund unzureichender Kapazitäten bei der Polizei“ – erst mit einer „beträchtlichen Verzögerung“ von der Bundesstraße über die Ausfahrt Nellmersbach umgeleitet werde, bildeten sich schnell lange Rückstaus. Die Situation werde zusätzlich verschärft, wenn sich aufgrund mangelnder Informationen immer wieder neue Fahrzeuge auf die B 14 drängten, denn auch die Auffahrt werde erst nach längerer Zeit gesperrt. Besonders gefährlich laut Kiesl: Etliche Verkehrsteilnehmer am Stauende versuchten entgegen der Fahrtrichtung über den Standstreifen zurück zur Ausfahrt Nellmersbach zu gelangen.

Schnellere Umleitung zur Entschärfung der Gefahrenlage

In einem Brief an den Regierungspräsidenten Wolfgang Reimer hat der Bürgermeister seine Kritik bereits im August zu Papier gebracht. Seine dringende Bitte: die Stuttgarter Behörde möge überprüfen, wie das Rückfahren auf dem Standstreifen künftig unterbunden werden könne und wie – falls organisatorisch möglich – eine schnellere Umleitung des Verkehrs zur Entschärfung der Gefahrenlage bewerkstelligt werden könne.

Die Antwort des Regierungspräsidenten fällt rund zwei Monate später wohl wenig zufriedenstellend für den Leutenbacher Rathauschef aus. Er nehme die von dem Bürgermeister beschriebene Situation „sehr ernst“, schreibt Reimers und räumt ein, dass dieses Szenario bereits bei der Verkehrsfreigabe des Tunnels (Anm. d. Red.: im Jahr 2009) thematisiert worden sei. „Leider ist es mir aber nicht möglich, eine schnelle Lösung für dieses durch ein gefährliches und regelwidriges Fehlverhalten einzelner Autofahrer verursachte Problem parat zu haben“, so Reimers in seiner Replik. Im Übrigen sei festgestellt worden, dass dieses Phänomen kein Leutenbach-Spezifikum ist, sondern auch an vielen anderen Stellen, insbesondere auf Autobahnen, in ähnlicher Weise beobachtet werde. Allen Stellen gemeinsam ist laut Reimers, „dass kein genereller Lösungsansatz bekannt ist, der nicht wiederum andere erhebliche Nachteile mit sich bringt“. Eine Sperrung, etwa mit Schranken, würde beispielsweise die Anfahrt der Rettungskräfte erschweren. Dennoch werde er, so Reimers, die für die Entscheidung maßgebliche Verkehrsbehörde bitten, zusammen mit der Polizei und den Straßenbaubehörden erneut zu prüfen, „ob hier doch noch zielführende Maßnahmen möglich sind“.

Auswertung steht noch aus

Dem Waiblinger Landratsamt ist die Problematik laut Aussage einer Behördensprecherin schon seit längerer Zeit bekannt. Die Lösungsfindung gestalte sich allerdings schwierig. Gleichwohl bemühe man sich darum. Ähnliche Probleme dieser Art gebe es in anderen Tunneln, für die das Landratsamt als Verkehrsbehörde zuständig ist, nicht.

Für den Fellbacher Kappelbergtunnel gehören Rückstaus freilich zur täglichen Berufsverkehrsroutine. Das RP hat im Juni dazu eigens eine Verkehrssimulation mit der zeitweiligen Sperrung einer Anschlussstelle veranlasst. Das Ziel war, herauszufinden, welche Auswirkungen diese auf den allgemeinen Verkehr hat. Die Auswertung steht indes noch aus.

Die vier Straßentunnel im Rems-Murr-Kreis

Leutenbachtunnel
Der gut einen Kilometer lange Tunnel auf der B 14 zwischen Leutenbach und Winnenden ist in dreieinhalb Jahren gebaut und im September 2009 fertiggestellt worden. Rund 35 000 Fahrzeuge rollen täglich durch die beiden Röhren.

Kappelbergtunnel
Die vierspurige Verbindung zwischen Fellbach und Stuttgart ist mit knapp 1,6 Kilometern nicht nur der längste Tunnel im Rems-Murr-Kreis. Durch ihn rollt mit bis zu 90 000 Fahrzeugen am Tag auch der meiste Verkehr. Das B-14-Bauwerk ist Ende 1992 fertiggestellt und 2004 generalsaniert worden.

Grafenbergtunnel
Der Grafenbergtunnel auf der B 29 bei Schorndorf ist mit 260 Metern der kürzeste Tunnel.

Sünchentunnel
Der sich ein paar hundert Meter später anschließende Sünchentunnel ist 350 Meter lang und 1997 fertig geworden. In beiden Bauwerken wurde als Pilotprojekt im vergangenen Jahr eine Anlage zur Messung der Außenlichtdichte installiert, die den Einfallswinkel der Sonne und die Lichtstärke erfasst und bei Bedarf die Geschwindigkeit im Tunnel reduziert.