Spaziergänger beschweren sich über gefällte Bäume bei Gebersheim. Die Stadt verdient damit Geld.

Leonberg - Bei einem Spaziergang bei Gebersheim kürzlich wollte ein Ehepaar seinen Augen nicht recht trauen. Verteilt auf drei Flächen fanden sie rund 200 abgeholzte Bäume. „Das waren viele alte Bäume, teilweise mit einem Durchmesser von 1,40 Meter, die da gefällt wurden“, sagt Monika Fuchs aus Ditzingen, die gemeinsam mit ihrem Mann Andreas Zegowitz häufig bei Gebersheim unterwegs ist. Einige Stellen seien nah am Kahlschlag gewesen. Dass die Bäume von der Stadt Leonberg dort abgeholzt wurden, war den beiden schnell klar. „Dort gab es Flächen, auf denen gar kein großer oder mittlerer Baum mehr steht“, kritisiert Fuchs.

 

Die beiden sind über die Baumfällaktion so erzürnt gewesen, dass sie sogar bei der jüngsten Gemeinderatssitzung im Rahmen der Einwohnerfragestunde vorstellig wurden. Doch sowohl bei der Stadtverwaltung als auch im Gemeinderat gibt man sich gelassen. Die Bäume seien gefällt worden, um sie zu verkaufen. Dabei handele es sich hauptsächlich um Buchen und einige Eichen. „Die Buchen waren etwa 140 Jahre alt. Ab diesem Alter nimmt die Qualität des Holzes langsam ab, deswegen wurden sie jetzt geschlagen“, erläutert Undine Thiel, die Sprecherin der Stadtverwaltung. Waldbewirtschaftung nennt sich das. Aus dem Holz werden etwa Möbel hergestellt, aber auch Schreib- oder Toilettenpapier. „Bei der Bewirtschaftung des Waldes steht an ersten Stelle die Wirtschaftlichkeit, an zweiter Stelle die Erholung und an dritter Stelle der Schutz der Natur“, erklärt die Stadtsprecherin. Diesen Grundsatzbeschluss habe der Gemeinderat gefasst.

Bis zu 7000 Festmeter Holz im Jahr

Rund 1400 Hektar ist der Leonberger Stadtwald groß. Zwischen 5000 und 7000 Festmeter Holz dürfen pro Jahr geschlagen werden, und zwar über alle Monate hinweg. Im Jahr 2015 waren es etwa 6200. Ein Festmeter entspricht etwa einem Kubikmeter fester Holzmasse. In eine Anzahl an Bäumen lasse sich dies aber nicht umrechnen, sagt Thiel.

Mit dem Holz verdient die Stadt tatsächlich Geld. 2015 waren es 438 000 Euro. Gefällt werden nach Angaben der Stadt vor allem Buchen und Eichen, aber auch Fichten, Kiefern und Lärchen. Im Stadtwald haben die Laubbäume einen Anteil von rund 80 Prozent gegenüber den Nadelbäumen.

Dass es der Stadt um Wirtschaftlichkeit gehe, könne sie bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen, meint Monika Fuchs. Aber das könne nicht alles sein, was zählt. „Es geht auch darum, das Wasser im Boden und die Luft rein zu halten“, sagt Ehemann Andreas Zegowitz, der Holzwirtschaft studiert hat und selbst Privatwaldbesitzer ist. Zudem arbeiteten Bäume als Ökosystem zusammen. „Sie hätten deshalb wenigstens vereinzelt alte Bäume stehen lassen müssen“, sagt er.

Regelmäßig wird nachgepflanzt

Die Stadt legt aber Wert darauf, dass der Wald „nachhaltig bewirtschaftet“ werde. „Wir pflanzen jährlich 3000 bis 4000 Bäume nach“, sagt Undine Thiel. Nach einigen Jahren werde in diesen Bereichen dann nachgearbeitet: Welcher Baum hat eine Chance zu wachsen, welcher behindert andere Bäume? Werden dann junge Bäumchen geschlagen, bleiben diese aber liegen, um zu natürlichem Dünger zersetzt zu werden. Außerdem sorge die Natur selbst dafür, dass im Wald junge Schösslinge wachsen.

Werden in einem Bereich Bäume gefällt, so sollten Spaziergänger einen Bogen darum machen. „Ist das Gebiet nah an einem Waldweg, sperren wir dort ab“, erklärt die Stadtsprecherin. Aber auch die Bereiche mit jungen Bäumen sollten tabu sein. Das gilt für Zwei- wie für Vierbeiner. Denn im niedrigen Holz versteckt sich das Wild, die Weibchen sind derzeit trächtig. „Ein Besitzer muss seinen Hund jederzeit unter Kontrolle haben, sonst muss er ihn anleinen“, benennt Thiel die entsprechende Vorschrift. Doch nicht alle hielten sich daran. „Wir hatten im vergangenen Jahr bei Höfingen einige Fälle, wo Rehe von Hunden gerissen worden sind.“