Trotz Ortsumfahrung stört man sich in Benningen (Kreis Ludwigsburg) am Schwerverkehr, der durch den Ort rollt. Ist die alte Neckarbrücke die Lösung?

Ludwigsburg: Oliver von Schaewen (ole)

Eigentlich könnte Robert Entenmann zufrieden sein. Die Tage, an denen ständig schwere Lastwagen an seinem Haus in der Beihinger Straße vorbeirollen, sind vorbei. Seit dem Bau der Benninger Ortsumfahrung „ist es besser geworden“, sagt der 75-Jährige. Dennoch – eine Kröte müssen er und andere Anwohner weiterhin schlucken: den Schwerverkehr, der weiterhin von und zur Ludwigsburger Straße dringt und im Begegnungsverkehr über Bürgersteige fahren muss.

 

Jahrzehntelang kämpfte Entenmann in einer Bürgerinitiative wie ein Löwe, um endlich Ruhe in die Straße zu kriegen, an der auch die Benninger Sporthalle steht. Im September 2022 war es so weit. Die Ortsumfahrung nahm den lästigen Verkehr zwischen Benningen und Freiberg auf. Dringlich geworden war der Bau auch, weil das Regierungspräsidium Stuttgart im Jahr 2013 die alte Neckarbrücke für Lastwagen über zwölf Tonnen gesperrt hatte.

Anwohner protestierten vor sechs Jahren gegen den Verkehr im Ort. Foto: Archiv (Werner Kuhnle)

Die Sperrung der Brücke für Lkw hält bis zum heutigen Tage an – und gerade darin liegt für Entenmann die Crux. „Der Schwerverkehr von oben muss an der Kelterkreuzung links abbiegen – er darf nicht geradeaus über die Brücke fahren.“ Noch immer komme es deshalb zu schwierigen Manövern von Lastzügen an der Kreuzung. Und auch vor dem Kindergarten in der Beihinger Straße stören die mitunter massigen Vehikel. „Es wäre besser, wenn die Lastwagen über die alte Brücke fahren und von dort über die Ortsumfahrung nach Freiberg weiter gelangen könnten.“

Die Klagen der Anwohner sind bis zu Bürgermeister Klaus Warthon gedrungen. Das Benninger Ortsoberhaupt hatte bereits mehrere Anläufe unternommen, die alte Brücke für den Verkehr mit mehr als zwölf Tonnen Gewicht zu ertüchtigen. „Sie scheiterten alle an Kostengründen.“ Der Vorschlag von Robert Entenmann sei neu: Demnach müssten alle Lastwagen, die auf die Brücke führen, einen Mindestabstand einhalten.

Der Bürgermeister strebt Gespräche mit dem Landratsamt an

Die Pointe der Abstandsregelung: Auf der Brücke würden sich keine Kolonnen mehr bilden, sie müsste weniger Gewicht aushalten. Das Verfahren ist bereits gängige Praxis und wird zum Beispiel an einer Brücke in Besigheim im Landkreis Ludwigsburg praktiziert. „Vor diesem Hintergrund gehen wir dem Vorschlag nach“, erklärt Klaus Warthon, der Termine mit der unteren Straßenverkehrsbehörde des Landratsamtes an der Benninger Brücke anstrebt.

Das Landratsamt als Eigentümer der Brücke hält sich bedeckt und verweist auf das Regierungspräsidium Stuttgart. Es habe vor zwölf Jahren ein Gutachten zur Statik anfertigen lassen, als die Brücke noch dem Land gehörte. „Ohne Prüfung der Statik und der Fahrbahnbreiten können wir keine Aussagen darüber treffen, ob ein Befahren mit einzelnen Fahrzeugen über zwölf Tonnen möglich wäre“, sagt der Kreissprecher Andreas Fritz. „ Zudem sehen wir auch die Herausforderung, das Abstandsgebot zu kontrollieren.“

Nur zwei Lastwagen auf der Brücke – das hält Entenmann für machbar

So leicht will Robert Entenmann aber nicht aufgeben. „Auf Grund der wenigen Lastwagen aus dem Industriegebiet oben in Benningen ist es völlig unwahrscheinlich, dass sich auf der Brücke mehr als zwei Schwerlaster gleichzeitig begegnen.“ Mehr Lkw gleichzeitig auf der Brücke – das könnte man verhindern, indem man wie auf Autobahnbrücken auf beiden Seiten Schilder aufstellt, „dass Lastwagen einen Abstand von 50 Meter einhalten müssen“. Damit wäre der Schwerlastverkehr auf der Brücke auf zwei Lkw begrenzt.

Mut machen dürfte dem Benninger Verkehrsexperten ein Blick in die Praxis des Regierungspräsidiums Stuttgart. Die Behörde öffnete nicht nur die Besigheimer Brücke an der Landesstraße 1115 mit der Abstandsregelung für den Schwerverkehr, sondern auch noch andere der insgesamt 1966 Objekte im Regierungsbezirk. So sei an 16 Brücken an Bundesstraßen und an zwölf Brücken an Landesstraßen Spannstahl verbaut worden, der wegen Korrosion spannungsempfindlich für Risse sei.

Das Land arbeitet auf Brücken mit Abständen und Tempolimits

Es handele sich um ein landesweit koordiniertes Vorgehen, erklärt das RP in einem Pressetext vom Dezember 2024. Im Einzelfall könnten Tempolimits wie etwa auf 60 Stundenkilometern erforderlich sein. Schilder würden aufgestellt. Damit könnten die Brücken bis zu einem Neubau weiter befahren werden, wenn eine Sanierung aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht mehr möglich sei.

Wie geht das Land vor?

Spannbeton
Das Hauptproblem betrifft Spannbetonbrücken mit anfälligem Spannstahl, der bis Ende der 1970er-Jahre verbaut wurde, teilt das Verkehrsministerium des Landes mit. Spannungsrisskorrosion könne zu plötzlichem Versagen der Spannstähle führen, ohne vorher sichtbare Schäden zu zeigen.

Brücken
Von den insgesamt rund 7300 Brücken in Baden-Württemberg sind derzeit 73 Bauwerke an Bundes- oder Landesstraßen mit diesem Risiko bekannt. Brücken auf kommunaler Ebene oder an den Autobahnen sind in diesen Zahlen nicht enthalten. Das Land will bis 2030 alle kritischen Brücken erneuern.