Seit Jahren breiten sich die hundeartigen Raubtiere in Nordamerika aus. Im kanadischen Vancouver werden sie jetzt richtig aggressiv. Sehen die Kojoten Menschen plötzlich als Beute an?

Ottawa - Joggen im populären Stanley Park von Vancouver kann in diesen Tagen riskant sein. Binnen drei Monaten wurden in dem Stadtpark der westkanadischen Metropole 15 Attacken von Kojoten auf Freizeitsportler und Spaziergänger gemeldet. Mehrere Wege durch den Park wurden gesperrt.

 

Azi Ramezani liebt den Stanley Park in Vancouver. Seit einem Jahrzehnt kommt sie zum Joggen in den 400 Hektar großen Park direkt an der Pazifikküste. Sie läuft auf den befestigten Straßen und Wegen und meidet die Wanderwege durch dichte Wälder und Gebüsch. Niemals hatte sie, wie sie jetzt erzählt, eine bedrohliche Konfrontation mit einem Tier. Das änderte sich am späten Nachmittag des 21. Januar.

Sie hörte ein Knurren und entdeckte einen Kojoten, der ihr nachlief, und dann verspürte sie auch schon den Biss. „Er war direkt hinter mir und biss mich in mein rechtes Bein. Das Tier beißt wirklich heftig zu. Es ist nicht nur ein Zwicken. Wenn sie beißen, dann gehen die Zähne tief in die Haut“, berichtet sie kanadischen Medien. Das Tier ließ von ihr ab und sie rief um Hilfe.

Die Kojoten profitieren davon, dass die Zahl der Wölfe und Jaguare zurückgeht

Nach Schätzungen der Parkverwaltung lebt in dem Areal etwa ein Dutzend Kojoten. Anfang des Jahres mussten zwei der hundeähnlichen Tiere wegen mehrfachen aggressiven Verhaltens gegenüber Menschen getötet werden. Die Parkverwaltung sperrte einige Wanderwege und stellte Warnschilder auf. Zudem wird an Ständen darüber informiert, wie Kontakte mit Kojoten vermieden werden können und wie Menschen sich im Falle eines drohenden Angriffs verhalten sollen.

Kojoten, die auch als Präriewölfe bezeichnet werden, haben die Größe eines kleinen Wolfes, sie sind etwa 50 Zentimeter hoch und einen Meter lang und erreichen ein Gewicht von etwa 20 Kilo. In Nordamerika lebten sie ursprünglich nur im Westen des Kontinents und in den trockeneren Regionen. Mittlerweile haben sie sich fast über den gesamten Kontinent mit Ausnahme der Polargebiete ausgedehnt und ihre Zahl wächst.

Ihre natürlichen Feinde waren früher die Wölfe und Jaguare. Die Kojoten profitierten davon, dass die Zahl der Wölfe und Jaguare zurückging, berichtet die Weltnaturschutzorganisation IUCN. Die stuft die Kojoten auf der Roten Liste gefährdeter Arten als nicht gefährdet ein. Zur Ausbreitung der Kojoten kann auch die Kreuzung mit Wölfen und Hunden beigetragen haben.

Sogar zwei Radfahrer wurden angegriffen

Im Herbst 2009 hatte eine tödliche Kojotenattacke im kanadischen Cape Breton-Nationalpark weltweit Aufsehen erregt. Die 19-jährige Folksängerin Taylor Mitchell war bei einer Wanderung von zwei Kojoten angefallen und tödlich verletzt worden. Bis dahin galten Angriffe von Kojoten auf Menschen aber eher als selten.

Die Experten in Vancouver wissen noch nicht genau, warum sich nun die Angriffe im Stanley Park häufen. 13 der 15 attackierten Menschen wurden ernsthaft gebissen. Sogar zwei Radfahrer wurden angegriffen. Vermutlich sahen sie in den Menschen eine Beute, sagt Simon Gravel, Mitarbeiter der Naturschutzbehörde für den Stanley Park. Woher kommt diese Verhaltensänderung?

„Wir haben in den vergangenen Monaten viele Hinweise bekommen, dass Parkbesucher Tiere füttern“, sagt Gravel. Das könnte dazu führen, dass die Kojoten die Scheu vor Menschen verlieren. Die gebissene Joggerin Azi Ramezani rechnet jedenfalls damit, dass es mehrere Monate dauern wird, bis sie sich von den schwerwiegenden Verletzungen ihrer Beinmuskulatur, die operativ behandelt werden mussten, erholt hat.