Viele Erwachsene haben keine Ahnung, wie gefährdet ihr Nachwuchs durch die Tücken des Internets ist. Jetzt gibt es ein neues Info-Konzept.  

Stuttgart - Da sitzen sie in ihren Kinderzimmern, surfen im Internet, flirten mit vermeintlich Gleichaltrigen, "geben ihre Daten preis und meinen, sie seien in einem geschützten Raum - sind sie aber nicht". Kinder, berichten Barbara Österwinter und Ulrich Sauter von der Stuttgarter Polizei, seien in puncto Internet meist allein gelassen. "Vielen Eltern sind die Gefahren gar nicht bewusst." Genau an dieser Stelle setzt jetzt das Projekt "Medienfluten" einen neuen Schwerpunkt. Eigentlich richtet sich das stark nachgefragte Projekt, das vom Förderverein Kinderfreundliches Stuttgart, der StZ und dem Caritasverband Stuttgart entwickelt wurde, an Siebtklässler in Haupt- und Realschulen. Jetzt erhält es einen neuen Schwerpunkt. "Eltern müssen in die Verantwortung", sagt Roswitha Wenzl, die Kinderbeauftragte und Geschäftsführerin des Fördervereins Kinderfreundliches Stuttgart.

 

Dies soll durch ein neues Elternkonzept erreicht werden, das die Bosch-Stiftung finanziert. Statt des klassischen Elternabends gibt es zwei Abende, an denen je vier Themen zur Wahl stehen. Teilnehmen dürfen nicht nur Eltern der beteiligten Klassen. "Wir bieten den Elternabend für den ganzen Stadtteil an", so Anja Schumacher, die Projektleiterin des Caritasverbands. "Wir möchten mehr Eltern erreichen, und wir möchten ihnen eine größere Bandbreite an Themen bieten."

Viele sind überrascht, was Google über sie weiß

Am ersten Abend geht es um Handys, Facebook, Youtube und Co., um "Counterstrike" und um die Wahl des richtigen Mediums. Am zweiten Abend haben Eltern die Wahl zwischen Abzocke im Internet, Datenschutz, Gefahren im Chat sowie Suchen und Finden im Netz. Dabei unterhalten sich die Eltern mit Experten der Caritas, der Polizei und der Stadtbücherei in Kleingruppen und lockerer Atmosphäre. "Die Eltern experimentieren selbst, wie Medien wirken", erläutert Christine Kreher von der Bosch Stiftung. "Wir lassen die Eltern im Internet nach ihren eigenen Datenspuren suchen und sich selbst googeln", berichtet Schumacher. Die seien oft höchst erstaunt, wie viel sie dort über sich finden.

Sabine Barsch hat diese Erfahrung bereits gemacht und an den Themenabenden teilgenommen. Die Mutter eines 16-jährigen Schülers der Schlossrealschule wollte mehr über die Tücken des World Wide Web erfahren und darüber, ob ihr Sohn gefährdet sei. "Was mich schockiert hat: wie man nachvollziehen kann, was wer im Internet gemacht hat", sagt sie. "Ich bin berufstätig und weiß nicht, was mein Sohn tagsüber macht." Wichtig sei, eine Vertrauensbasis herzustellen. Aber dafür müssten eben auch die Eltern mehr über die Möglichkeiten und Gefahren des Internets wissen.

Medienkompetenz lernen

Das unterstreicht auch Anja Schumacher: "Medienkompetenz ist so wichtig wie lesen, schreiben, rechnen." Als Partner ist hierfür auch die Stadtbibliothek mit im Boot. "Wir sollten über die Medien verfügen - und nicht die Medien über uns", sagt deren Leiterin Ingrid Bussmann. Die Bibliothek helfe, seriöse Suchergebnisse im Internet zu erkennen und zu finden. Der Polizei hingegen gehe es vor allem um den Schutz der Opfer vor Betrug und vor Cybermobbing, berichtete Sauter. Man versuche auch, den Kontakt über Moscheevereine und türkische Dolmetscher herzustellen, um den Eltern ihre Ängste zu nehmen.

Information Öffentliche Elternabende gibt es am Dienstag in der Uhlandschule (Tapachstraße 4) und am 24. Mai in der Rilke-Realschule (Tapachstraße 60), jeweils von 19 bis 21 Uhr.