EU-Staaten fordern von Rom die Einhaltung der Dublin-Regeln und damit die Rücknahme von Flüchtlingen. Innenministerin Faeser setzt weiter auf eine umfassende Reform.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Brandenburg und Brüssel liegen mit ihren Problemen bisweilen ganz nah beieinander. An beiden Orten wurde am Donnerstag über Migration diskutiert, und in beiden Fällen ist die Situation überraschend ähnlich gelagert. Eine der zentralen Fragen ist, wie die aus aller Welt ankommenden Menschen gerecht verteilt werden können.

 

Verbunden sind Potsdam und die EU allerdings auch im Scheitern, eine Antwort zu finden. Bei der Europäischen Union wurde das Thema schon vor dem Treffen der EU-Innenminister von der Tagesordnung gestrichen. Zu gering sind die Aussichten auf eine Einigung. Auch in Brandenburg kapitulierte das Innenministerium und verschob wegen anhaltender Differenzen der rot-schwarz-grünen Koalition kurzerhand einen geplanten Gipfel mit den Kommunen.

Rom fühlt sich von Europa im Stich gelassen

In beiden Fällen zeigt sich auch, dass viel über Migration geredet wird, die Schwierigkeiten aber vor allem dann beginnen, wenn es um konkrete Lösungen geht. Im Fall von Brandenburg ist das der Streit über die bestehenden Standorte Eisenhüttenstadt und Frankfurt (Oder), wo Hunderte neue Plätze in der Erstaufnahme geschaffen werden sollen.

In Brüssel konzentrierte sich am Donnerstag der Zorn wieder einmal auf Italien, wo sehr viele Menschen über das Mittelmeer ankommen. Rom fühlt sich deswegen von Europa im Stich gelassen. Deutschland, Frankreich und weitere europäische Länder wollen aber, dass Italien weiter Flüchtlinge zurücknimmt, die in anderen EU-Ländern abgewiesen werden. Das sogenannte Dublin-Abkommen verpflichtet die Regierung zur Rücknahme von Asylbewerbern, die über Italien in die EU gelangt sind.

Die Grenzen sollen besser geschützt werden

Niemand nannte die neue post-faschistische Regierungschefin Giorgia Meloni beim Namen, doch steht der Vorwurf im Raum, dass sie das Dublin-Abkommen einseitig aufgekündigt hat. Auch die deutsche Innenministerin Nancy Faeser betonte, dass es Gesetze gebe, die die Staaten zur Rücknahme von Migranten verpflichte. Deutlicher wurde der französische Innenminister Gérald Darmanin: Das Übereinkommen von Dublin „funktioniert quasi gar nicht mehr in einigen Ländern, vor allem in Italien“, sagte er in Brüssel.

Weil es bei der Frage der Verteilung von Schutzsuchenden kaum vorangeht, konzentrierten sich die EU-Staaten zuletzt darauf, die Außengrenzen besser zu schützen. Zudem soll durch Zusammenarbeit mit Transit- und Herkunftsländern etwa in Afrika dafür gesorgt werden, dass sich möglichst wenige Menschen auf den Weg machen. Bundesinnenministerin Faeser sagte nun: „Es kann nicht sein, dass wir nur darüber reden, ob die Grenzen rund um Europa hochgezogen werden, sondern es geht darum, ein gemeinsames Asylsystem zu haben mit einer gerechten Verteilung.“

Weiter hoffen auf eine Asyleinigung

Ungeachtet des zähen Fortschritts in der Asyl- und Migrationspolitik setzt Faeser weiter auf eine umfassende Reform. „Die Asylpolitik in Europa auf gemeinsame Füße zu stellen, das ist immer noch mein größtes Ziel und auch das größte Ziel vieler anderer Länder“, sagte die SPD-Politikerin in Brüssel. Die EU-Staaten hätten bereits viele Teile der Reform beschlossen. Diese Arbeit müsse bis Ende des Jahres finalisiert werden. Hintergrund sind die Vorschläge der EU-Kommission für eine Reform der Asyl- und Migrationspolitik vom September 2020, die einen jahrelangen Streit der Mitgliedstaaten überwinden sollten. Tatsächlich umgesetzt sind davon bislang jedoch nur kleinere Teile wie ein ausgeweitetes Mandat der EU-Asylagentur.