Gegen den Wassermangel Vom Wert des Wassers

Immer mehr Bäche trocknen im Sommer ganz aus, so wie die Ilm in der Nähe des thüringischen Kranichfeld. Foto: IMAGO/photo2000

Es ist eine Mammutaufgabe, die Wasserversorgung so umzubauen, dass wir mit den kleiner werdenden Ressourcen zurecht kommen. Die Zeit wird knapp, meint Redakteur Thomas Faltin.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Um es klipp und klar zu sagen: Es besteht keinerlei Grund zur Panik. In Deutschland wird fast überall und auf unabsehbare Zeit Wasser fließen, wenn man den Hahn aufdreht. Wir leben zum Glück in einem wasserreichen Land. Diese Grundaussage ist wichtig, weil sonst viele Menschen jede weitere Debatte über einen drohenden Wassermangel nicht ernst nehmen und dahinter lediglich eine mediale Erregtheit oder eine politische Profilierungssucht vermuten.

 

Genauso klipp und klar muss man aber auch sagen: Schon heute wird in manchen Gegenden während heißer Sommerwochen das Wasser knapp, weil gerade dann, wenn die Flüsse Niedrigwasser führen und die Grundwasserpegel sinken, die Nachfrage stark steigt – die Landwirte wollen ihre Felder bewässern, die Menschen duschen häufiger, der Rasen wird gesprengt und der Pool befüllt. Bald werden Nebelduschen in Cafés und auf Konzerten ganz normal werden, wie man sie heute schon von Florida oder Italien kennt. Der lokale temporäre Wassermangel wird definitiv zunehmen.

Es ist eine Mammutaufgabe, die Wasserversorgung umzubauen

Zudem gehen die Grundwasservorräte tendenziell zurück, und zwar um 20 Prozent und mehr bis 2050. Und ein großes Problem, dessen Tragweite noch kaum erforscht ist und für das es bisher kaum Abhilfe gibt, betrifft die Ökosysteme der Flüsse: Wie schützt man Tiere und Pflanzen, wenn sich das Wasser erhitzt oder die Bäche ganz austrocknen?

Das Gute ist: Das Bewusstsein für diese komplexe Folge des Klimawandels ist gewachsen, und alle Ebenen der Politik sind aktiv geworden. Jene Kommunen, die nicht an eine Fernleitung angeschlossen und auf die eigenen Quellen und Brunnen angewiesen sind, bauen zusätzliche Behälter oder legen gleich eine Stichleitung zu einer Nachbargemeinde, damit man sich im Notfall aushelfen kann. Und auf Landes- und Bundesebene wurden Strategien gegen den Wassermangel erstellt.

Bisher ist das meiste davon aber Papier, das bekanntlich geduldig ist. Diese Strategien jetzt umzusetzen, wird eine Mammutaufgabe werden. Da es keine brauchbaren Regentänze gibt und auch niemand Wasser herbeizaubern kann, wird es darum gehen, das noch vorhandene Wasser besser zu nutzen. Regenwasser von den Dächern sollte deshalb nicht mehr in die Kanalisation geleitet werden, sondern vor Ort versickern dürfen – das käme dem Grundwasser zugute. Technische Neuerungen, etwa die Tröpfchenbewässerung überall in der Landwirtschaft, müssen vorangetrieben werden.

Und es muss ein Ende mit dem Naserümpfen haben: Das sogenannte Grauwasser, also das in den Kläranlagen gereinigte Abwasser, muss genutzt werden, etwa zur Bewässerung. Bisher verschwindet es auf Nimmerwiedersehen in den Flüssen und schließlich im Meer. Dafür braucht es aber zusätzliche Klärtechniken, damit zum Beispiel die Arzneimittelrückstände im Abwasser nicht auf die Felder gelangen. Umgekehrt fehlt den Flüssen dann die Wassermenge aus den Kläranlagen. Man sieht, alles hängt mit allem zusammen. Einfach geht dabei fast nichts.

Neue Preismodelle könnten helfen, den Verbrauch zu senken

Ein weiterer, vielleicht sogar der entscheidende Hebel liegt darin, Wasser zu sparen. So bitter es für den einzelnen sein mag, bestimmte Nutzungen, etwa das Paradebeispiel Poolbefüllung, wird in trockenen heißen Sommern verboten werden müssen – manche Kommunen tun dies heute schon. „Komfortnutzungen“, nannte das der französische Präsident Emmanuel Macron vor kurzem. Bevor der Aufschrei kommt: die meisten füllen ihren Pool sowieso im Frühjahr, allzu drastisch ist die Maßnahme ohnehin nicht.

Auch Macrons neues Preismodell besitzt viel Charme. Der Grundbedarf an Wasser bleibt günstig, alles darüber hinaus wird teurer – so ließe sich der Verbrauch auf einfache und vor allem auf einigermaßen gerechte Art und Weise lenken. Aber bisher hat sich in Deutschland noch keine Kommune an ein solches Preissystem gewagt.

Wasser wird in Deutschland auch in Zukunft kein Luxusgut werden. Aber sein Wert wird steigen. Je schneller wir den Umbau der Wasserversorgung hinbekommen, umso weniger heftig werden die Nutzungskonflikte werden.

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